Hilfe für Leukämiekranke durch Blut-Stammzellen

Hintergrundinformationen zur Stefan-Morsch-Station am UKBF

1. Die Station

Das Universitätsklinikum Benjamin Franklin der FU Berlin verfügt seit Anfang des Jahres 2002 über eine neue Station für Transplantationsmedizin: die „Stefan-Morsch-Station“ der Medizinischen Klinik III (Hämatologie, Onkologie und Transfusionsmedizin, Leiter: Prof. Dr.med. Eckhard Thiel). Sie zeichnet sich durch modernste medizintechnische Standards aus und verbessert speziell für Leukämiepatienten die Möglichkeiten der Transplantationsmedizin in Berlin und Brandenburg.

Die Stefan-Morsch-Stiftung unterstützt das UKBF durch eine Spende von 1 Mio. DM. Neben der Verbesserung der personellen Ausstattung des Transplantationsbereiches auf der Station 2b (Einrichtung einer Oberarztstelle), wurden die Mittel vorrangig für die bauliche Umgestaltung der Station zu Verfügung gestellt.

Mit der Stefan-Morsch-Station festigt das UKBF seine Position auf dem internationalen Niveau der Transplantationsmedizin. Das UKBF bietet auch eine spezielle Nachversorgung für Patienten an: eine Transplantationsambulanz mit ambulanter Transfusion im Karl-Landsteiner-Haus.


2. Die Stiftung

Die gemeinnützige Stefan-Morsch-Stiftung, mit Sitz in Birkenfeld, wurde 1986 von Hiltrud und Emil Morsch gegründet. Zur Erinnerung an ihren Sohn Stefan, der 1984 im Alter von 17 Jahren verstarb, trägt sie dessen Namen. Stefan Morsch war der erste Europäer, dem fremdes Knochenmark transplantiert wurde. Die Behandlung musste in den USA vorgenommen werden, weil in Deutschland damals noch keine Spenderdatei existierte. Stefan Morsch verstarb leider sechs Monate später an einer Lungenentzündung.

Das Hauptziel der Stiftung war damals der Aufbau einer umfangreichen Knochenmarkspenderdatei in Deutschland. Heute registriert die Stefan-Morsch-Stiftung bereits 203.000 Spender. Trotz rund sieben Millionen registrierter Knochenmarkspender weltweit, verläuft nicht jede Suche positiv. Manche Leukämiekranken finden erst nach Jahren einen passenden Spender, manche Betroffene aber auch nie.


3. Leukämie und Stammzellen

Leukämie ist Blutkrebs: Das kranke Knochenmark produziert die tödlichen Krebszellen. Ein Austausch des Knochenmarks kann helfen, die heimtückische Krankheit zu besiegen.

Leukämie konnte früher ausschließlich durch eine Knochenmark-Transplantation behandelt werden. Seit einigen Jahren ist auch eine Blutstammzell-Transplantation möglich.
Das sind Zellen, die Erwachsenen aus dem Blut entnommen werden können. Diese so genannten adulten Stammzellen können sich zu allen lebenswichtigen Zellen ausdifferenzieren. Zum Beispiel Lymphozyten, die die Individualität eines Menschen ausmachen und zwischen Eigen- und Fremd-Antigenen entscheiden. Aus Blutstammzellen können nur noch unterschiedliche Blutzellen werden, die zu keiner Zeit Lebewesen entstehen lassen können, also menschliches Klonen nicht möglich macht.

Der Vorteil der Blutstammzellen-Spende besteht vor allem für den Spender. Er muss nicht mehr das Narkoserisiko der Knochenmarktransplantation in Kauf nehmen. Für die Transplantation von Blutstammzellen ist kein stationärer Krankenhausaufenthalt mehr nötig. Im Regelfall kann der Spender bereits nach vier Stunden das Krankenhaus wieder verlassen. Mehrheitlich werden heute in Deutschland Blutstammzellen transplantiert. Es hat sich gezeigt, dass der Vorgang des Anwachsens der Stammzellen beim Empfänger deutlich schneller vor sich geht und demzufolge auch die Produktion gesunden Blutes rascher beginnt. Ob die Übertragung von Blutstammzellen in Zukunft in manchen Situationen die Übertragung von Knochenmark ersetzen kann, wird derzeit untersucht.

Die für eine erfolgreiche Behandlung notwendigen Stammzellen finden sich nicht nur im Knochenmark, sondern auch im zirkulierenden (peripheren) Blut. Um Stammzellen des Spenders zu gewinnen, wird einige Stunden lang sein Blut zu einer speziellen Zentrifugeneinrichtung (Blutzell-Separator) geleitet. Dieser Apparat trennt das Blut in seine Bestandteile auf; die benötigten Stammzellen werden in einem Beutel gesammelt, die übrigen Blutbestandteile werden sofort wieder zum Spender zurückgeleitet. Um genügend Stammzellen für eine erfolgreiche Transplantation zu erhalten, muß dieser Vorgang, den man Leukapharese nennt, ein- bis zweimal durchgeführt werden.

Prinzipiell besteht die Möglichkeit der autologen und der allogenen Transplantation. Im ersten Fall bekommt der Patient eigenes Knochenmark bzw. eigene Blutstammzellen zurückübertragen. Bei dieser Methode wird häufig versucht, das Transplantat von möglicherweise enthaltenen bösartigen Zellen zu reinigen.

Bei der allogenen Knochenmarktransplantation erhält der Patient Knochenmark oder Blutstammzellen eines Spenders, vorzugsweise eines Geschwisters, da ihre Gewebemerkmale am ehesten mit denen des Empfängers übereinstimmen und zu erwarten ist, daß die Abwehrreaktionen des gespendeten Knochenmarks gegen den Organismus des Empfängers nicht zu stark ausfallen. Die Wahrscheinlichkeit, einen geeigneten Familienspender zu finden, liegt bei circa dreißig Prozent.

Wenn innerhalb der Familie kein geeigneter Spender zu finden ist, muss nach einem Fremdspender mit weitgehend identischen Gewebemerkmalen gesucht werden. Die Suche ist um so aussichtsreicher, je größer die Zahl der registrierten möglichen Knochenmarkspender ist.


4. Stammzellen im UKBF

Transplantation von Knochenmark wird am UKBF seit 1991 vorgenommen, seit 1995 auch „allogene Transplantationen“. Hierzu wird auch ein Forschungsprojekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführt.

Mit der Verbesserung der Behandlung insbesondere von bösartigen Blut-Erkrankungen befasst sich die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Wolfgang Knauf in der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Transfusionsmedizin des UKBF. Dabei geht es um die Transplantation von Stammzellen zur Therapie von Krebs beziehungsweise Blutkrebs. Derzeit untersuchen die Forscher am Fachbereich Humanmedizin der FU, ob und wie solche Zellen auch für Erwachsene aus Nabelschnurblut verfügbar gemacht werden können.

Akute Leukämien zum Beispiel lassen sich mit herkömmlichen Medikamenten, den Zytostatika (zellteilungshemmende Mittel), zwar zunächst gut behandeln, doch ist das Rückfall-Risiko relativ hoch. Zudem sind bei vielen Leukämien die „Mutterzellen“ für das Knochenmark und das körpereigene Abwehrsystem – die Blutstammzellen – selbst von der Krankheit geschädigt. Seit nunmehr vielen Jahren werden deshalb jenen Patienten, für die sich ein passender
Spender findet, gesunde Blutstammzellen übertragen, um
ein leukämiefreies neues Knochenmark aufzubauen. Fatalerweise kann jedoch auch die Stammzelltransplantation Schäden an Herz, Nieren und Leber eines Patienten anrichten.

Die „AG Knauf“ erforscht die Möglichkeiten neuer Stammzell-Transplantationsverfahren und die Optimierung der vorhandenen. So ist schon länger bekannt, dass Nabelschnurblut einen relativ hohen Prozentsatz an Blutstammzellen enthält. Nabelschnurblut ist deshalb
auch für Transplantationen geeignet, wenn ein „passender“ Knochenmarkspender fehlt. Weil die Blutzellen im Nabelschnurblut immunologisch unreif sind, rufen sie geringere Abwehrreaktionen beim Empfänger hervor. Eigentlich könnte dies also eine ideale, leicht verfügbare Quelle für Stammzell-Transplantationen sein. Die Menge an Nabelschnurblut pro Geburt reicht jedoch normalerweise allenfalls, um einen Menschen von maximal 40 Kilogramm Körpergewicht zu behandeln.

Schon im Oktober 1995 hatte Knaufs Arbeitsgruppe in Berlin die erste Übertragung von Nicht-eigenen („allogenen“) Stammzellen aus peripherem Blut (sprich aus den Armen) vorgenommen. Dies stellte und stellt einen erheblichen Fortschritt dar, weil im Gegensatz zur Knochenmark-Entnahme keine Vollnarkose des Spenders mehr notwendig ist. Die Transplantation peripherer Blutzellen ist insgesamt risikoärmer und kostengünstiger.

Hierbei wird der Wachstumsfaktor G-CSF (Granulozyten-Kolonien stimulierender Faktor) in das periphere Blut „geschickt“. G-CSF regt Reifung und Vermehrung von lebensnotwendigen Blutstammzellen an. Mit Hilfe einer speziellen Blutwäsche, der Leukapherese, können diese sodann ohne Belastung für den Spender entnommen werden. Danach reinigen die Ärzte sie mittels „Stammzell-Selektion“, um die Gefahr von
Unverträglichkeitsreaktionen noch weiter zu verringern.

Bei der Stammzell-Selektion werden immunologisch aktive Lymphozyten aus dem Transplantat entfernt. Nach rund zwei Monaten, wenn sich der Patient von der Chemotherapie erholt hat und sein Knochenmark bereits wieder gut funktioniert, werden diese Lymphozyten „portionsweise“ mit nun erheblich niedrigerem Risiko zugeführt; sie wirken dann ihrerseits gegen eventuell noch vorhandene restliche Leukämiezellen. Es deutet sich an, dass dieses am UKBF entwickelte Verfahren auch bei breiterer Anwendung genauso wirksam, aber besser verträglich ist.

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