Neue Therapie gegen Flussblindheit


In die Augen eingewanderte Würmer lösen Entzündungen aus, die zur Hornhauttrübung führen. Forscher durchbrechen Nachwuchskette der Würmer

Rund 17 Millionen Menschen in den Tropen, meist die Ärmsten der Armen, leiden unter der Flussblindheit. Etwa zehn mal so viele sind dem Risiko einer Infektion ausgesetzt. Dr. Achim Hörauf und seine Mitarbeiter vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg, einem Leibniz-Institut, haben jetzt eine neue, höchst wirksame Therapie gegen diese tropische Wurmerkrankung entwickelt. Sie kann durch die Einwanderung von mikroskopisch kleinen Würmern in die Hornhaut der Augen zur Erblindung führen. Die Leibnizforscher haben herausgefunden, dass in den Würmern Bakterien vorkommen, die eine Lebensgemeinschaft zum gegenseitigen Nutzen mit den Würmern eingegangen sind. Tötet man die Bakterien ab, etwa durch das Antibiotikum Doxyzyklin, so nimmt der Wurm Schaden: Er kann dauerhaft keine Nachkommen mehr produzieren, wodurch der Infektionskreislauf durchbrochen wird.

Die Menschen werden quasi schicksalhaft durch den Stich einer infizierten Kriebelmücke angesteckt. Diese überträgt bei ihrer Blutmahlzeit eine mikroskopisch kleine infektiöse Wurmlarve. Der ausgewachsene Wurm von bis zu 70 cm Länge siedelt sich in Bindegewebsknoten direkt unter der Haut an. Nach der Paarung produziert das Wurmweibchen Zehntausende von mikrometergroßen Larven, sogenannte Mikrofilarien. Diese Wurmstadien wandern unter der Haut durch den Körper und verursachen so neben Hautentzündungen auch die Erblindung, nach der die Krankheit benannt ist.

Nach der erfolgreichen Behandlung von Mäusen haben die Leibnizforscher zusammen mit ihren Kooperationspartnern von der Universität Kumasi in Ghana eine Therapiestudie an erkrankten Freiwilligen in einem Regenwaldgebiet durchgeführt, wo die Bauern vom Kakaoanbau leben und zu 90 Prozent mit dem Wurm infiziert sind. In einer Langzeitbeobachtung der behandelten Patienten konnte gezeigt werden, dass die Würmer auch noch 18 Monate nach Ende der Therapie mit dem Antibiotikum unfruchtbar geblieben waren, es also offenbar zu einer permanenten Sterilisation der Würmer gekommen ist. Gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation WHO arbeiten Hörauf und seine Mitarbeiter jetzt an der Umsetzung ihrer neuen Therapie in Afrika.

Für seine Forschungsarbeiten ist Dr. Achim Hörauf mit dem Dr. Martini-Preis ausgezeichnet worden. Es ist dies der älteste Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses; er wurde bereits im Jahre 1880 von Hamburger Kaufleuten gestiftet. Geehrt werden damit hervorragende Nachwuchswissenschaftler, die in Hamburger Krankenhäusern tätig sind und sich mit klinischer Grundlagenforschung und neuen Therapieansätzen beschäftigen. Hörauf konnte ein Preisgeld von 10 000 Mark in Empfang nehmen.

Weitere Informationen: Dr. Barbara Ebert, Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, Bernhard-Nocht-Str. 74, 20359 Hamburg, Tel. 040/ 42818525, Email:  barbaraebert@bni.uni-hamburg.de

Das BNI gehört zu den insgesamt 77 außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Serviceeinrichtungen für die Forschung der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. (WGL). Das Spektrum der Leibniz-Institute ist breit und reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften und Museen mit angeschlossener Forschungsabteilung. Die Institute arbeiten nachfrageorientiert und interdisziplinär. Sie sind von überregionaler Bedeutung, betreiben Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse und werden deshalb von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Näheres unter: http://www.wgl.de.

WGL-Geschäftsstelle, Postfach 12 01 69, 53043 Bonn, Tel.: 0228/30815-0,
Fax: 0228/30815-255, Email: wgl@wgl.de

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Dr. Frank Stäudner idw

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