Die Intensivstation – Herausforderung für die Arzneimitteltherapie

Das betonte Prof. Dr. Karl Werdan, Leopoldina-Mitglied und Direktor des Zentrums für Innere Medizin am Klinikum der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zum Eingang des Symposiums „Pharmakotherapie beim kritisch kranken Patienten auf der Intensivstation“, das heute und morgen in Berlin stattfindet.

Hierzu hat die Paul-Martini-Stiftung, Berlin, in Verbindung mit der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, Halle (Saale), eingeladen. Das Symposium bringt führende Experten aus Kliniken und Unternehmen sowie Vertreter von Ministerien, Behörden und Verbänden zusammen. Professor Werdan leitet es zusammen mit dem Leopoldina-Mitglied und Sprecher der Leopoldina-Sektion Innere Medizin Prof. Dr. Dr. h.c. Peter C. Scriba von der Ludwig-Maximilian-Universität München.

Bei den typischen Krankheitsbildern der Intensivmedizin wie Multiorgan-Dysfunktions-Syndrom (MODS), Schock, Systemischem Inflammations-Reaktions-Syndrom (SIRS) und Sepsis liegt die Letalitätsrate immer noch zwischen 30 und 100 Prozent. Fortschritte in der Etablierung besserer medikamentöser Interventionsmöglichkeiten erfordern es, sich die typischen Funktionsausfälle von Organsystemen einzeln anzusehen. Die Problematik des Nierenversagens für die Dosierung von Medikamenten ist offensichtlich; im Symposium werden aber auch Störungen des Verdauungs- und des Herz-Kreislauf-Systems sowie endokrine Dysfunktionen als Einflussgrößen für die medikamentöse Therapie analysiert.

Eine wichtige Funktion kommt in der Intensivmedizin der Ernährung zu. Durch sie muss nicht nur die funktionelle Körpermasse aufrecht erhalten oder wieder hergestellt werden; vielmehr ist sie – so Prof. Dr. Wilfred Druml (Wien) – eine gezielte metabolische Intervention, die den Organismus in die Lage versetzen soll, mit einer Akuterkrankung fertig zu werden. Kann der Patient seinen Substratbedarf nicht oral decken, muss eine künstliche Ernährung vorgenommen werden, wobei enterale und parenterale Ernährung in Betracht kommen. Eine besondere Rolle hat die Immunonutrition, also die gezielte Versorgung des Patienten mit Substraten, die seine Immunkompetenz verbessern. Hierfür wurden Arginin, Omega-3-Fettsäuren, Nukleotide, Glutamin, Selen und anderen Antioxidantien in Betracht gezogen; dabei gibt es insbesondere für Glutamin und Selen gute Belege für die Wirksamkeit, vor allem hinsichtlich einer Senkung der Sepsis-Morbidität.

Antiinfektiva bilden einen weiteren Schwerpunkt des Symposiums. Gegen schwere bakterielle Infektionen sind in den letzten Jahren mehrere „resistenzbrechende“ Antibiotika verfügbar geworden; auch das Arse-nal der Antimykotika wurde um Präparate ausgeweitet, die bei bislang nur schwer bekämpfbaren Erregern wie z.B. Aspergillen wirken. Diese Präparate haben die Chancen für Intensivpatienten erheblich verbessert, wenn sie vor Eintreten einer Sepsis zum Einsatz kommen können. Ist jedoch erst einmal eine Sepsis eingetreten, dann sind die medizinischen Möglichkeiten weiterhin limitiert, wie die Sterblichkeit von rund 54 Prozent zeigt. Ein Fortschritt ist von einer weiteren Verbreitung der seit 2006 verfügbaren Leitlinien der Deutschen Sepsis-Gesellschaft und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin zu erwarten.

Die Paul-Martini-Stiftung

Die gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Berlin fördert die Arzneimittelforschung sowie die Forschung über Arzneimitteltherapie und intensiviert den wissenschaftlichen Dialog zu Fragen der Arzneimittelforschung und -entwicklung zwischen medizinischen Wissenschaftlern in Universitäten, Krankenhäusern, der forschenden pharmazeutischen Industrie und anderen Forschungseinrichtungen sowie Behörden. Träger der Stiftung ist der Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA), Berlin, mit seinen derzeit 39 Mitgliedsunternehmen.

Die Stiftung ist benannt nach dem herausragenden Bonner Wissenschaftler und Arzt Professor Paul Martini (1889 – 1964), in Würdigung seiner besonderen Verdienste um die Förderung und Weiterentwicklung der klinisch-therapeutischen Forschung, die er mit seiner 1932 veröffentlichten „Methodenlehre der therapeutischen Untersuchung“ über Jahrzehnte wesentlich geprägt hat. Nach ihm ist auch der jährlich von der Stiftung verliehene Preis für herausragende klinische Forschung benannt.

Die Akademie Leopoldina

Die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina (gegründet 1652 in Schweinfurt) mit Sitz in Halle an der Saale (seit 1878) ist eine überregionale Gelehrtengesellschaft mit gemeinnützigen Aufgaben und Zielen. Sie fördert inter- und transdisziplinäre Diskussionen durch öffentliche Symposien, Meetings, Vorträge, die Arbeit von Arbeitsgruppen, verbreitet wissenschaftliche Erkenntnisse, berät die Öffentlichkeit und politisch Verantwortliche durch Stellungnahmen zu gesellschaftlich relevanten Themen, fördert junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und betreibt wissenschaftshistorische Forschung.

Die Leopoldina ist die älteste naturwissenschaftlich-medizinische Akademie in Deutschland. Ihr gehören etwa 1.200 Mitglieder in aller Welt an. Drei Viertel der Mitglieder kommen aus den Stammländern Deutschland, Schweiz und Österreich, ein Viertel aus weiteren ca. 30 Ländern. Zu Mitgliedern werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus naturwissenschaftlichen und medizinischen Disziplinen sowie aus den Technik-, Kultur- und den empirischen Geistes-, Verhaltens- und Sozialwissenschaften gewählt, die sich durch bedeutende Leistungen ausgezeichnet haben. Unter den derzeit lebenden Nobelpreisträgern sind 34 Mitglieder der Leopoldina.

Kontakt Paul-Martini-Stiftung:
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Pressereferent
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