Freiburger Wissenschaftler entschlüsseln molekularen Steckbrief der Grippeviren

In der aktuellen Online- und ab Freitag in der Print-Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift Science berichten Forscher der Universität Freiburg und des Cancer Research Institute London über die Entdeckung einer bisher unbeachteten Struktur auf dem Erbgut von Grippeviren, welche von Körperzellen erkannt wird, um das antivirale Abwehrsystem zu aktivieren. Zudem konnten die Wissenschaftler aufdecken, auf welche Weise der Erreger versucht unerkannt zu bleiben.

Das Überleben aller höheren Organismen hängt von der Fähigkeit ab, bedrohliche Virusinfektionen schnell zu entdecken und so lange in Schach zu halten, bis das Immunsystem maßgeschneiderte Antikörper und Abwehrzellen produziert hat. Die Detektion von Viren als körperfremde Partikel ist jedoch schwierig. Viren bestehen – im Unterschied zu Bakterien – aus demselben Material wie die Wirtszelle, welche gekapert und zu einer Virusfabrik umprogrammiert wird. Bisher ging man davon aus, dass doppelsträngige Ribonukleinsäuren, die so genannte ds-RNA, der einzige zuverlässige Indikator der Virusvermehrung sind. Mehrere zelluläre Rezeptoren sind in der Lage, ds-RNA zu binden und eine Signalkaskade einzuleiten, die zur Produktion von Interferonen führt. Die Interferone wirken als Botenstoffe, die das betroffene Gewebe in einen „antiviralen Zustand“ der erhöhten Abwehr versetzen und das Immunsystem alarmieren.

Die Forschergruppe um Dr. Friedemann Weber an der Abteilung Virologie des Universitätsklinikums (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Otto Haller) konnte nun nachweisen, dass Grippeviren es geschafft haben, von vorneherein die Produktion des Indikatormoleküls ds-RNA zu vermeiden. Im Team mit dem ehemaligen Doktoranden Andreas Pichlmair, der als Postdoc in der Gruppe von Caetano Reis e Sousa am Cancer Research Institute London arbeitet, konnten die Wissenschaftler dann zeigen, dass die Zelle dennoch einen Weg gefunden hat, Grippeviren eindeutig zu erkennen. Die Enden der viralen Erbgutstränge weisen markante Phosphatreste auf, die stark Interferon-induzierend wirken.

Durch gezieltes Ausschalten zellulärer Gene identifizierten die Forscher den dafür zuständigen Rezeptor. Interessanterweise wird dieser Rezeptor wiederum von einem viralen Protein gebunden und inaktiviert, das schon lange im Verdacht stand, die Wirksamkeit der Interferonantwort zu dämpfen. Virus und Wirtsorganismus befinden sich also in einem stetigen Wettlauf, der wesentlich durch den Zeitpunkt der Interferon-Aktivierung entschieden wird.

Diese neuen Erkenntnisse über das besondere molekulare Kennzeichen der Grippeviren, den passenden zellulären Rezeptor und seine gezielte Ausschaltung durch ein virales Protein können helfen, therapeutische Strategien zu verbessern und neuartige Impfstoffe zu entwickeln.

Kontakt:
Privatdozent Dr. Friedemann Weber
Abteilung Virologie
Institut für Medizinische Mikrobiologie & Hygiene
Hermann-Herder-Str. 11
79104 Freiburg
Telefon: 0761 / 203-6614
e-mail: friedemann.weber@uniklinik-freiburg.de

Media Contact

Rudolf-Werner Dreier idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-freiburg.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Anlagenkonzepte für die Fertigung von Bipolarplatten, MEAs und Drucktanks

Grüner Wasserstoff zählt zu den Energieträgern der Zukunft. Um ihn in großen Mengen zu erzeugen, zu speichern und wieder in elektrische Energie zu wandeln, bedarf es effizienter und skalierbarer Fertigungsprozesse…

Ausfallsichere Dehnungssensoren ohne Stromverbrauch

Um die Sicherheit von Brücken, Kränen, Pipelines, Windrädern und vielem mehr zu überwachen, werden Dehnungssensoren benötigt. Eine grundlegend neue Technologie dafür haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Bochum und Paderborn entwickelt….

Dauerlastfähige Wechselrichter

… ermöglichen deutliche Leistungssteigerung elektrischer Antriebe. Überhitzende Komponenten limitieren die Leistungsfähigkeit von Antriebssträngen bei Elektrofahrzeugen erheblich. Wechselrichtern fällt dabei eine große thermische Last zu, weshalb sie unter hohem Energieaufwand aktiv…

Partner & Förderer