Gen für Akromegalie entdeckt

Bis zu 70 von 1 Mio. Menschen leben mit der Diagnose „Akromegalie“. Der aus dem griechisch -lateinischen kommende Terminus bezeichnet eine Erkrankung, die mit einem abnormen Wachstum der äußersten Körperteile (Akren) einhergeht. Die Betroffenen haben überdurchschnittliche Schuhgrößen, vergröberte Gesichtszüge und eine übergroße Zunge, aber auch Erkrankungen der inneren Organe wie Diabetes mellitus und Herz-Kreislaufprobleme. Zurückzuführen ist die Akromegalie meist auf einen Tumor der Hirnanhangsdrüse (Hypophysentumor oder Hypophysenadenom). Die an sich gutartige Geschwulst kann aber durch die geschilderten Folgen für die Betroffenen zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität führen, zumal eine Behandlung schwierig ist, weil die Krankheit meist erst spät diagnostiziert wird.

Mutation des AIP-Gens führt zu Hypophysentumor und unkontrolliertem Größenwachstum

Wissenschaftler um Prof. Dr. Ralf Paschke, Medizinische Klinik III der Universität Leipzig, haben nun gemeinsam mit finnischen, türkischen und italienischen Wissenschaftlern eine Mutation des sogenannten Aryl-hydrocarbon-Rezeptors (AIP-Gen) entdeckt, der zu dem Hypophysentumor und zu dem unkontrollierten Größenwachstum führt.

Grundlage der Entdeckung war die Untersuchung von drei Familien in Nordfinnland, in denen seit 1700 vermehrt Akromegalien auftraten. Dabei waren zwei Familien gleicher Abstammung. Die Forscher gingen nun davon aus, dass in Nordfinnland für eine bestimmte Form des Hypophysentumors eine Prädisposition vorliegen könnte. Um das zu klären, erfassten sie am nordfinnischen Universitätskrankenhaus in Oulu zwischen 1980 und 1999 54 Patientinnen und Patienten mit einem Hypophysenadenom und bezogen alle archivierten Fälle mit dieser Krankheit von 1978 bis 2000 mit ein. Die so erhobenen Daten wurden in Beziehung gesetzt zu den genealogischen Informationen.

Genveränderung erklärt Akromegalie für 16 % der Patienten mit familiärer Belastung in Nordfinnland

Man stellte fest, dass 11 Patientinnen und Patienten aus einer der drei Familien kamen, in denen in der Vergangenheit gehäuft Akromegalien auftraten.

Um den Genort für die ausgeprägte Akromegalie zu finden, untersuchten die Forscher das Genom von 16 Personen der Familie 1, zu der auch die 11 Patienten in Oulu gehörten. Zuvor wurden die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Hypophysentumors typisiert: So schafften die Wissenschaftler die Voraussetzungen für die Genortbestimmung: Sie konnten im sogenannten Aryl Hydrocarbon-Rezeptor ein interagierendes Protein (AIP) identifizieren.

Eine Veränderung dieses Rezeptors erklärte die Akromegalie bzw. die Zunahme der Hormonproduktion für 16% der Patienten mit familiärer Belastung aus Nordfinnland. 40 % von ihnen waren noch keine 35 Jahre alt, als die Krankheit diagnostiziert wurde. Bezeichnenderweise war bei der Mehrzahl der Hypophysentumorpatienten ein familiärer Hintergrund nicht festzustellen. AIP ist also ein Beispiel für ein Gen, das wenig dominant ist.

Bessere Erfolge durch frühere und zielgenauere Therapie

„Die Entdeckung des AIP-Gens könnte zu einer frühzeitigen Diagnose der Akromegalie führen, wofür wir bereits erste Hinweise durch den Nachweis von Mutationen bei weiteren Patienten haben. Durch eine frühere und zielgenauere medikamentöse Therapie können wir bessere Erfolge erzielen.“, erklärt Paschke die Bedeutung des Forschungserfolgs.

Veröffentlichung in der „Science“

Die Arbeit wurde kürzlich in der Zeitschrift Science veröffentlicht: Vierimaa O, Georgitsi M, Lehtonen R, Vahteristo P, Kokko A, Raitila A, Tuppurainen K, Ebeling TML, Salmela PI, Paschke R, Gündogdu S, de Menis E, Mäkinen M, Launonen V, Karhu A & Aaltonen LA. Pituitary adenoma predisposition caused by germline mutations in the AIP gene. Science, Volume 312, 26. Mai.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Ralf Paschke
Telefon: 0341 97-13200
E-Mail: pasr@medizin.uni-leipzig.de

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Prof. Dr. Ralf Paschke Universität Leipzig

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