Neuropathische Schmerzen messbar machen

Der Deutsche Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz (DFNS) veröffentlicht unter der Autorenschaft des gesamten Netzwerkverbundes seine neuen Forschungsergebnisse zur Entwicklung und Anwendung eines standardisierten Protokolls der Quantitativ Sensorischen Testung (QST). Dieses Protokoll erlaubt erstmals in einer systematischen Untersuchung, das gesamte Spektrum der schmerzbedingten Beeinträchtigungen von Patienten mit neuropathischen Schmerzen zu erfassen. Die Zeitschrift PAIN, offizielles Organ der International Association for the Study of Pain (IASP), hat die wissenschaftliche Arbeit publiziert und widmet der Forschung des DFNS darüber hinaus das Editorial der August Ausgabe 2006.

Der DFNS wurde mit der Absicht ins Leben gerufen, neuropathische Schmerzen, z.B. Nervenschmerzen bei Diabetes mellitus oder bei der Gürtelrose, besser zu verstehen und den geplagten Patienten besser zu helfen. Der klinisch- wissenschaftliche Leitgedanke, dass jeder einzelne Schmerzmechanismus eine spezifische Therapie erfordert (mechanismen-orientierte Therapie), soll in konkrete und zeitnah klinisch anwendbare Ergebnisse umgesetzt werden. Eines der wichtigsten Ziele des DFNS ist dabei die Entwicklung und Anwendung eines standardisierten Protokolls der Quantitativ Sensorischen Testung (QST). Die QST erlaubt eine genaue klinische Analyse der Schmerzsymptome und lässt deshalb Rückschlüsse auf die beim jeweiligen Patienten im Vordergrund stehenden Mechanismen zu, die individuell zum Schmerz des Patienten führen. Bei dem vorliegenden Multicenterprojekt wurden die Mitarbeiter in zehn Zentren durch die Arbeitsgruppe von Prof. Rolf-Detlef Treede, Mainz, standardisiert ausgebildet. Als erstes Projekt konnte eine Normdatenbank etabliert werden, die von der Bochumer Forschergruppe um Prof. Christoph Maier verwaltet wird. Diese bietet die Möglichkeit, die gewonnenen Patientendaten aus der Datenbank des DFNS mit denen von gesunden Personen zu vergleichen. In absehbarer Zukunft ist eine Reduzierung der jetzt noch in universitären Spezialeinrichtungen angewendeten QST-Testbatterie auf ein in die allgemeinmedizinische Praxis machbares Maß geplant. Damit soll dann allen Ärzten eine Möglichkeit zur Verfügung stehen, die Schmerzen ihrer Patienten detailliert zu erfassen und damit zielgerichtet die richtige Therapie für den Patienten einzuleiten.

„Der DFNS hat gezeigt, dass im Bereich der Schmerzforschung eine Standardisierung von Protokollen und der Aufbau von wissenschaftlich-klinischen Netzwerken durchführbar sind“, so Prof. Michael C. Rowbotham, Pain Clinical Research Center, San Francisco, im Editorial von Pain, und weiter „Wir sehen künftigen Studienergebnissen des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz (DFNS) mit Interesse entgegen“. Zudem gibt Rowbotham auch seiner Hoffnung hinsichtlich einer Internationalisierung der klinisch-wissenschaftlichen Netzwerkarbeit im Bereich neuropathischer Schmerzen Ausdruck, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in so vorbildlicher Weise in Deutschland gefördert wird. Rowbotham abschließend zur Vorbildfunktion der Förderung des DFNS durch das BMBF: “ Wir hoffen, dass das deutsche Beispiel dem BMBF vergleichbaren Leistungsträgern in aller Welt als Inspiration dient und, dass vergleichbare Fortschritte erreicht werden? . “

Weiterführende Informationen zu dieser wissenschaftlichen Arbeit (Rolke R et al. (2006) Quantitative Sensory Testing in the German Research Network on Neuropathic Pain (DFNS): Standardized Protocol and Reference Values. Pain, e-pub ) und dem Editorial (Petersen KL, Rowbotham MC (2006) Quantitative sensory testing scaled up for multicenter clinical research networks: A promising start. Pain, e-pub) sind auch unter www.neuropathischer-schmerz.de abrufbar.

Neuropathischer Schmerz – Daten und Fakten

In Deutschland leiden etwa 6 Prozent der Bevölkerung an neuropathischen Schmerzen (Nervenschmerzen). Etwa 20 Prozent der Patienten, die eine schmerztherapeutische Spezialeinrichtung konsultieren, leiden unter ungenügend behandelten neuropathischen Schmerzen. Im Schnitt suchen die Betroffenen binnen zehn Jahren acht verschiedene Ärzte auf. Eine neue Erhebung aus den USA ergab, dass sich unter den Neurologen nur 30 Prozent in der Lage sahen, neuropathische Schmerzen sicher zu diagnostizieren. Nur 20 Prozent kannten eine adäquate Therapie.

Neuropathische Schmerzen entstehen in Folge von Verletzungen oder Erkrankungen von Gehirn, Rückenmark und Nerven. Zu den Ursachen zählen beispielsweise Operationen, hier insbesondere Amputationen (Phantomschmerz), Schlaganfall, Multiple Sklerose und Rückenmarksverletzung, aber auch Stoffwechselkrankheiten wie Diabetes oder virale Erkrankungen wie die Gürtelrose (Herpes Zoster). Neuropathische Schmerzen gehen häufig mit brennenden Dauerschmerzen oder einschießenden Schmerzattacken einher. Die Patienten berichten oft auch über unangenehmes Kribbeln oder Taubheitsgefühle und, dass selbst leichteste Berührungen der Haut starke Schmerzen verursachen können.

Über den DFNS

Ziel des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz (DFNS), der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, ist, die Mechanismen bei der Entstehung neuropathischer Schmerzen besser zu verstehen (Pathophysiologie), die Chronifizierung von Schmerzen durch ein frühes Eingreifen zu verhindern (Prävention) und die therapeutischen Möglichkeiten wesentlich zu verbessern (Therapie). Alle Projekte des DFNS sind darauf ausgerichtet, den klinisch- wissenschaftlichen Leitgedanken, dass jeder einzelne Schmerzmechanismus eine spezifische Therapie erfordert (mechanismen-orientierte Therapie), in konkrete und zeitnah klinisch anwendbare Ergebnisse umzusetzen. Die beiden Sprecher des DFNS sind Prof. Thomas R. Tölle, München, und Prof.. Ralf Baron, Kiel.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Dr. rer.nat. Thomas R. Tölle
Geschäftsstelle des DFNS
Neurologischen Klinik und Poliklinik
Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München
Möhlstrasse 28
81675 München
Tel: 089 – 4140-4658
Fax: 089- 4140-4659
DFNS@neuro.med.tu-muenchen.de

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Dr. Fabienne Hübener idw

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