Gesichtschirurgen lassen neue Knochen wachsen

Neue Methode fördert schnellere Heilung bei Knochenfehlbildungen im Gesicht

Mit einer neuartigen Methode, der so genannten „Distraktionsosteogenese“, können Gesichts-Chirurgen des Bereichs Humanmedizin der Universität Göttingen Gesichtsknochen in kurzer Zeit verlängern beziehungsweise wachsen lassen. Notwendig ist diese Methode zum Beispiel bei Kleinkindern, die durch einen verkürzten Unterkiefer oder auch durch ein stark zurückliegendes Mittelgesicht unter funktionellen Problemen, wie Atemnot oder hervortretenden Augäpfeln leiden. „Durch die hervortretenden Augäpfel ist es nicht mehr möglich, das Auge zu schließen,“ sagt Prof. Dr. Dr. Johannes Hönig, Abt. für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – Bereich Humanmedizin. In Deutschland gibt es rund 200 Kinder, die unter solchen Fehlbildungen des Gesichtsknochens leiden. Bislang mussten sie sich langwierigen Operationen unterziehen und mit einem längeren Krankenhausaufenthalt rechnen.

Um diesen Patienten mit der Methode zu helfen, wird der Gesichtsknochen künstlich gebrochen und von außen mit einem so genannten „Distraktor“ fixiert. Diese dreidimensionale spezielle Apparatur wird nun täglich um einen Millimeter verstellt, so dass der Abstand der beiden Knochenseiten einen Millimeter größer wird. Dieser Millimeter Knochenabstand wird nun täglich vom Körper selbst wieder aufgebaut. Der Knochen wächst nach, um den künstlichen Abstand zu schließen. Muss der Unterkiefer zum Beispiel um 15 Millimeter verlängert werden, so wird zunächst die Apparatur außen am Kiefer angebracht, dann folgt eine Woche Einheilzeit. Danach trägt der Patient 15 Tage lang den Distraktor, bis das Ergebnis erreicht wird. Anschließend muss noch für wenige Wochen das Ergebnis stabilisiert werden. Mit dieser Methode ist im Vergleich zu früheren Vorgehensweisen eine schnellere Heilung von Knochendefekten im Gesicht möglich.

Diese zukunftsorientierte, sehr aufwendige und komplizierte Operationsmethode ermöglicht sehr frühzeitig die Nachentwicklung des Gesichtsschädels auf einfache Art und Weise. Sie trägt zur schnellen gesellschaftlichen Rehabilitation der Kinder bei, die früher durch Gesichtsfehlbildung benachteiligt wurden und oft psychisch schwer belastet waren. Ein Vorteil der Methode ist darüber hinaus, dass die Kinder nicht mehr über Wochen im Krankenhaus bleiben müssen. Die Eltern können, unter ärztlicher Anleitung, selbst die einzelnen Gesichtsschädelknochen ihres Kindes in die gewünschte Position bewegen, ohne dem Kind bei der „Schrauberei“ Schmerzen zuzufügen.

Die Methode wurde jetzt im Rahmen eines Workshops des Arbeitskreises „Craniofaciale Osteologie“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Arbeitskreis wurde 1994 gegründet. Er tagt alle zwei Jahre in Göttingen. „Craniofaciale Osteologie“ erfasst sämtliche Erkrankungen des Gesichtsschädelknochens. Leiter des Arbeitskreises ist Professor Dr. Dr. Johannes Hönig. Anliegen ist es vor allem, eine gute Zusammenarbeit aller Fachdisziplinen zu fördern und eine interdisziplinäre Patientenversorgung zu gewährleisten. Zu den Disziplinen, die im Arbeitskreis zusammenarbeiten gehören Gesichts- und Kieferchirurgen, Unfall-, Neurochirurgen, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Zahnärzte, Pathologen und Ingenieure.


Weitere Informationen:

Universität Göttingen – Bereich Humanmedizin
Abt. für Mund- Kiefer- und Gesichtschirurgie
Prof. Dr. Dr. Johannes Hönig
Robert-Koch-Str. 40
37075 Göttingen
Tel.: 0551/39 – 28 54

Media Contact

Rita Wilp idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer