Was verstellt die Zeiger der biologischen Uhren?

Wie Verschlusskappen sitzen an den Enden der Chromosomen die Telomere, die die Stränge der Erbsubstanz stabilisieren. In den meisten Zellen des menschlichen Körpers werden sie nach jeder Teilung etwas kürzer und geben dadurch wie „biologische Uhren“ deren Lebenszeit vor. DNA-schädigende Substanzen können diese Schutzvorrichtungen umgehen oder attackieren; die Lebensspanne der Zellen wird dann wahrscheinlich stark begrenzt. In einem DFG-geförderten Projekt wird Erich Gebhart, Professor für Experimentelle Zytogenetik und Tumorgenetik an der Universität Erlangen-Nürnberg, das Wechselspiel von Telomeren und schädlichen Agenzien in verschiedenen Kombinationen unter genaue Beobachtung stellen.

Die Botschaft liest sich nicht einmal für Genetiker sonderlich spannend: „TTAGGG“ steht da, wieder und immer wieder. Einige tausend Male wiederholt sich die Abfolge der Basen Thymin, Adenin und Guanin bei den menschlichen Telomeren, deren Name, aus dem Griechischen übertragen, einfach „Endstück“ bedeutet. Wenn bei der Zellteilung und -vermehrung das gesamte Erbgut verdoppelt wird, verliert die Kette der Stabilisatoren ein wenig an Länge, weil die „Kopierer“ nicht am äußersten Ende eines Chromosoms ansetzen können. Von Tochterzelle zu Tochterzelle werden die Telomere so etwas kürzer. Dies gilt für fast alle Zellen des Menschen und vieler anderer Organismen, doch beispielsweise nicht für Einzeller und für menschliche Keimzellen: sie können verlorengegangene Sequenzen mit Hilfe eines Enzyms, der Telomerase, wieder anbauen.

Unterschreitet die Länge der Telomere einen kritischen Wert, wird normalerweise der Prozess des natürlichen Zelltods, die Apoptose, eingeleitet. Es kann jedoch auch zu einer Entartung kommen: die Zellen werden praktisch „unsterblich“, sie teilen sich unkontrolliert weiter und bilden bösartige Tumoren.

Chemische Substanzen, welche die DNA angreifen – sogenannte Mutagene – können hier und bei anderen schädlichen Veränderungen der Erbanlagen zu den Ursachen zählen. Über die Rolle der Telomere in solchen Prozessen ist noch sehr wenig bekannt. Die Untersuchungen am Erlanger Institut für Humangenetik (Direktor: Prof. Dr. André Reis) sollen zur Klärung beitragen. Dazu werden Färbeverfahren eingesetzt, die durch Mutagene bewirkte Umlagerungen der Telomer-DNA zeigen und die Länge dieser Sequenzen quantitativ erfassen können. Verschiedene Typen und verschiedene Altersstufen von Zellen werden untersucht, wobei Chemikalien mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen eingesetzt werden. In einigen Experimenten wird das Enzym Telomerase aktiviert, das die schützenden Chromosomenenden verlängert.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Beschäftigung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters für drei Jahre ermöglicht und rund 163.000 Mark für Sachmittel bewilligt.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Erich Gebhart, Institut für Humangenetik
Tel.: 09131/85 -22351, E-Mail: egebhart@humgenet.uni-erlangen.de

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Gertraud Pickel idw

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