TUM-Forscher schaffen Basis für neue Medikamente

Zuckerabkömmling gegen chronische Entzündungen

Wissenschaftler der Technischen Universität München haben eine biologisch aktive Substanz synthetisiert, die Basis für neue Medikamente gegen Entzündungen sein könnte. Entzündungen sind normale Vorgänge, die eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Infektionen und der Wundheilung spielen. Entzündliche Prozesse können aber auch aus dem Ruder laufen: Vermutlich sind sie mitverantwortlich für eine Reihe von Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose und Rheuma – chronischen Krankheiten, für die noch immer nach wirksamen Medikamenten gesucht wird.

Prof. Horst Kessler, Ordinarius für Organische Chemie 2 der TUM, und Prof. Bernhard Holzmann, Leiter des Fachgebietes Immunsuppression und Postoperative Sepsis an der Chirurgischen Klinik und Poliklinik des TUM-Klinikums rechts der Isar, versuchten Proteine zu blockieren, die eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Infektionen spielen.

Entzündungen entstehen, wenn weiße Blutkörperchen aus den Blutgefäßen in das Gewebe eindringen. Dafür müssen sie sich zunächst an die Wand des Blutgefäßes anheften. Die Kontaktstellen auf der Oberfläche der weißen Blutkörperchen bestehen aus Integrinen, also Proteinen, die zu den Adhäsionsmolekülen gerechnet werden. Die Idee der TUM-Forscher war es, über eine Blockade dieser Integrine den Entzündungsprozess zu stoppen. Sie kupferten von natürlichen Liganden der Integrine das Strukturmerkmal ab, das für deren Bindung an das Integrinmolekül entscheidend ist – nämlich eine ganz bestimmte räumliche Anordnung dreier Aminosäuren zueinander.

So gelang es, kleine ringförmige Peptide zu synthetisieren, die dieses Strukturmotiv tragen, daher an Integrine binden und sie blockieren. Zyklische Peptide sind als Medikamente allerdings meist nicht besonders gut geeignet. Sie werden vom Körper sehr schnell wieder ausgeschieden und müssen gespritzt werden. Gerade bei chronischen Erkrankungen ist es aber wünschenswert, dass das Pharmakon einfach als Pille geschluckt werden kann.

Darum versuchten Kessler und Holzmann noch einen anderen, etwas unkonventionellen Ansatz : Das ringförmige Peptidgerüst wird im Grunde nicht gebraucht. Wichtig ist nur, dass die für die Bindung entscheidenden Seitenketten der drei Aminosäuren exakt an der richtigen Stelle sitzen. Die Forscher kamen zu der Erkenntnis, dass die Aminosäuren auch in ihre Positionen gebracht werden können, wenn man sie an ein Mannose-Molekül, einen ringförmigen Zucker, anhängt. Und tatsächlich, der modifizierte Zucker wirkt als Integrin-Blocker. Prof. Kessler stellt außerdem fest: „Diese neue Klasse von Peptidmimetika, also Peptidnachahmern, erfüllt alle Voraussetzungen für ein oral wirksames Medikament.“

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Dieter Heinrichsen M.A. idw

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