RUB-Klinikum bietet neue Therapie gegen bösartige Gliedmaßentumore

Das Bein vor der Behandlung (l.) und nach Extremitätenperfusion und operativer Entfernung des Tumors.

  • Große Tumore erst schrumpfen, dann operieren
  • RUB-Klinikum Bergmannsheil bietet neue Therapie gegen bösartige Gliedmaßentumore
  • Eigener kleiner Kreislauf ermöglicht hohe Medikamentendosen

Wenn ein bösartiger Tumor in Arm oder Bein zu groß ist, um operativ vollständig entfernt werden zu können, hilft die sog. isolierte Extremitätenperfusion: Das betroffene Körperglied wird vom Blutkreislauf abgetrennt und an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, so dass es einen eigenen Kreislauf erhält. Diese Technik erlaubt es, den Tumor mit Medikamenten in hundertfacher Dosierung zu behandeln, ohne den ganzen Körper zu schädigen. Als eine von wenigen Kliniken in Deutschland darf das RUB-Klinikum Bergmannsheil als zertifizierte Einrichtung jetzt das Verfahren anwenden und hat die ersten drei Patienten erfolgreich behandelt. „Damit bietet das Bergmannsheil als größtes operatives Referenzzentrum für bösartige Gliedmaßentumore in Deutschland jetzt das gesamte Behandlungsspektrum aus einer Hand an“, freut sich Prof. Dr. Hans-Ulrich Steinau, Direktor der Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte. Bei der Extremitätenperfusion kooperieren die Klinik für Plastische Chirurgie und die Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie (Direktor: Prof. Dr. Axel Laczkovics) des Bergmannsheil.

Alternative zur Amputation

Etwa 150 Patienten kommen jedes Jahr mit bösartigen Tumoren in den Armen oder Beinen ins Bergmannsheil, rund 1600 waren es bisher insgesamt. „Unser Ziel ist immer, den Tumor unter Erhaltung der betroffenen Extremität zu entfernen“, erklärt Prof. Dr. Hans-Ulrich Steinau. Das ist schwierig, wenn der Tumor sehr groß oder ungünstig gelegen ist. In solchen Fällen kann die Extremitätenperfusion eine Alternative zur sonst notwendigen Amputation bieten.

Ein eigener Kreislauf für Arm oder Bein

Zur Behandlung wird der betroffene Arm oder das Bein vom Blutkreislauf getrennt und an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, so dass ein eigener, in sich geschlossener Kreislauf entsteht. Diese Technik ermöglicht es, Medikamente in sehr hoher Dosierung einzusetzen, ohne damit den ganzen Körper zu schädigen: Zum Einsatz kommt ein Chemotherapeutikum in Verbindung mit dem zellschädigenden Tumornekrosefaktor alpha 1a. „Der separate Kreislauf erlaubt es, das Medikament hundertmal so hoch zu dosieren wie bei der intravenösen Gabe“, erläutert Dr. Markus Fritz von der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie. Das Medikament greift neben den eigentlichen Tumorzellen auch im Wachstum befindliche neue Blutgefäße an, die den Tumor ernähren. Das betroffene Körperglied wird ca. zwei Stunden lang vom Medikament durchströmt und dann mit Salzlösung „ausgewaschen“. Anschließend werden die Blutgefäße zum Arm oder Bein wieder geöffnet, so dass eine normale Durchblutung einsetzt. Das mit dem Medikament versetzte Blut wird dem Körper nicht wieder zugeführt.

Den Tumor aushungern

Die Behandlung, für die der Patient ca. sechs Tage in der Klinik bleiben muss, wird nur einmal durchgeführt. Ziel ist es, den Tumor auszuhungern, indem man ihn von seiner Blutversorgung abschneidet. In der Folge verkleinert sich die Geschwulst und kann dann operativ entfernt werden. In einem Viertel der Fälle entwickelt sich der Tumor nach der Behandlung sogar vollständig zurück. „Die Behandlungsmethode kommt für 15 bis 20 unserer Patienten jährlich in Frage“, schätzt Prof. Steinau.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Hans-Ulrich Steinau, operatives Referenzzentrum für Gliedmaßentumore, Klinik für Plastische Chirurgie und Schwerbrandverletzte, Dr. Markus Fritz, Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie, Berufsgenossenschaftliche Kliniken Bergmannsheil, Klinikum der Ruhr-Universität, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum, Tel. 0234/302-0, E-Mail: hans-ulrich.steinau@bergmannsheil.de, markus.k.fritz@rub.de

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Dr. Josef König idw

Weitere Informationen:

http://www.ruhr-uni-bochum.de/

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