Druckfarben in Lebensmitteln: Gesundheitliche Bewertung mangels Daten nicht möglich

BfR kritisiert lange Fristen bei Maßnahmen der Druckfarbenindustrie

Der Nachweis der Chemikalie Isopropylthioxanthon (ITX) in kartonverpackten Getränken hat eine Diskussion über die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Druckfarben ausgelöst: Weit über 1000 Stoffe werden zum Bedrucken von Lebensmittelverpackungen eingesetzt. Ob und in welchem Umfang sie in das Lebensmittel übergehen können, hängt von der Zusammensetzung der Druckfarbe und des Lebensmittels sowie vom Verpackungsmaterial ab. Das Problem: Anders als viele andere Stoffe, die im Kontakt mit Lebensmitteln eingesetzt werden, sind Druckfarben auf europäischer Ebene gesetzlich nicht geregelt. Für einen Großteil der Stoffe liegen keine Daten vor, die eine gesundheitliche Bewertung erlauben – das ist das Ergebnis einer außerordentlichen Sitzung der Kunststoffkommission des Bundesinstituts für Risikobewertung, die Ende Januar mit Vertretern der Druckfarbenindustrie in Berlin stattfand.

Das Vorkommen einer Chemikalie in einem Lebensmittel allein stellt noch kein gesundheitliches Risiko dar. Erst die Gefährlichkeit der Substanz und der Umfang, in dem ein Verbraucher mit dem Stoff in Kontakt kommt, entscheiden über das Ausmaß eines möglichen Schadens und die Wahrscheinlichkeit, dass er eintritt. Rückstände von Druckfarben in Lebensmitteln können damit unbedenklich sein, aber ebenso gut ein ernstes gesundheitliches Risiko darstellen. Mangels Daten ist eine gesundheitliche Bewertung derzeit oft nicht möglich. Da die Hersteller die Verantwortung für die gesundheitliche Unbedenklichkeit ihrer Produkte tragen, sollten sie alle Anstrengungen unternehmen, um den Übergang solcher Stoffe in Lebensmittel zu vermeiden und die für eine gesundheitliche Bewertung erforderlichen Daten zu erarbeiten.

Anders als für zahlreiche andere Stoffe aus Druckfarben liegen für den Fotoinitiator ITX toxikologische Daten vor. Sie beschränken sich allerdings auf den Ausschluss einer erbgutschädigenden Wirkung der Substanz und reichen für die Bewertung der nachgewiesenen Gehalte in Lebensmitteln oberhalb von 50 Mikrogramm pro Kilogramm nicht aus. Damit gilt für ITX ebenso wie für andere, noch unbewertete Substanzen: Eine Aussage zum gesundheitlichen Risiko kann nicht getroffen werden. Die zum Teil hohen Rückstände sind aus Sicht der Risikobewertung nicht akzeptabel.

Das Gespräch zwischen der Kunststoffkommission und Vertretern der Druckfarbenindustrie im BfR hat ergeben, dass sich der Übergang von Stoffen aus Druckfarben auf Lebensmittel durch einen so genannten Abklatscheffekt oder aufgrund von Migration durch das Verpackungsmaterial technologisch derzeit nicht vermeiden lässt. Kurzfristig wird sich diese Situation auch nicht ändern: Die Druckfarbenindustrie setzt zur Erfüllung lebensmittelrechtlicher Anforderungen auf ihre eigene Leitlinie. Danach sollen besonders bedenkliche Substanzen von der Verwendung ausgeschlossen und für andere Stoffe toxikologische Daten vorgelegt werden. Die hierfür vorgesehenen Fristen halten das BfR und die Kunststoffkommission für unakzeptabel: Je nach Menge des zu erwartenden Übergangs der Substanz in Lebensmittel will die Industrie die Daten – insbesondere solche zur Klärung einer eventuell vorhandenen erbgutverändernden Wirkung – erst zwischen 2010 und 2015 vorlegen. Damit wäre sowohl die gesundheitliche Bewertung als auch die Überprüfung auf Einhaltung lebensmittelrechtlicher Anforderungen lange Zeit nicht möglich.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf der Homepage des BfR (http://www.bfr.bund.de) unter dem Stichwort „Bedarfsgegenstände“/Materialien im Kontakt mit Lebensmitteln.

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