Gen-Chips sortieren Tumortypen

So genannte cDNA-Microarrays (Gen-Chips)zeigen die Aktivität spezifischer Gene in Lebertumoren. Foto: Pathologisches Institut Heidelberg

Heidelberger Wissenschaftler charakterisieren Untergruppen von Leberkrebs und arbeiten an einer zielgerichteten Behandlung / Preisgekrönte Arbeiten im Institut für Pathologie / Aktuelle Publikation


Wissenschaftlern des Pathologischen Instituts am Universitätsklinikum Heidelberg unter Leitung von Professor Dr. Peter Schirmacher ist es gelungen, die Bedeutung bestimmter Gene zu entschlüsseln, die das Wachstum und das Übergreifen von bösartigen Lebertumoren auf gesundes Gewebe steuern. Damit können diese Tumoren nun genauer charakterisiert werden und in Zukunft möglicherweise auch zielgerichteter behandelt werden.

Für ihre erfolgreichen Arbeiten wurden die Heidelberger Wissenschaftler in diesem Jahr mehrfach ausgezeichnet, u. a. von der Arbeitsgemeinschaft Gastroenterologische Onkologie (AGO), der Deutschen Gesellschaft zum Studium der Leber (GASL) sowie der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP). In einer gerade publizierten Arbeit im „International Journal of Cancer“ befassen sie sich zudem mit Aktivitäten von Genen in Lebermetastasen.

Leberkrebs entsteht häufig aus einer Leberzirrhose; dabei wird das Lebergewebe allmählich durch wucherndes Bindegewebe ersetzt. Dies kann Folge einer chronischen Infektion mit dem Hepatitis-B- oder C-Virus sein. Bösartige Lebertumoren sind aggressiv, die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten dagegen nur begrenzt.

Lebertumor ist jedoch nicht gleich Lebertumor: Bösartige Tumoren unterscheiden sich in der Aktivität von Genen, die ungebremstes Wachstum auslösen. Diese Gene sind deshalb wichtige Ansatzpunkte für neue, zielgerichtete Therapien, die das Wachstum des Tumors stoppen sollen.

Hemmstoff verhindert Tumorwachstum in der Maus

Mit der Hilfe so genannter cDNA-Microarrays, auch als Gen-Chips bekannt, haben die Heidelberger Wissenschaftler die Genaktivitäten in Lebertumoren näher charakterisiert und die Tumoren weiter unterteilt. Eine Gruppe von Tumoren zeichnet sich durch eine hohe Aktivität so genannter Interferon (INF)-regulierter Gene aus (Interferon ist ein zentraler Botenstoff des Immunsystems). Eine weitere Gruppe ist durch eine hohe Konzentration des Insulin-like-Growth Factor-II (ein sog. Wachstumsfaktor) gekennzeichnet.

„Wir konnten zeigen, dass eine Subtypisierung von Lebertumoren aufgrund der speziellen Aktivität von IGF-II und IFN-regulierter Gene möglich ist“, erklärt Professor Schirmacher. „Die Chip-Analysen helfen uns auch, besser zu verstehen, wie die Tumorzellen, z.B. bei Metastasen, in das Lebergewebe einwachsen.“

In einem weiteren Ansatz untersuchten die Forscher das Enzym Cyclooxygenase-2, das in Tumoren der Leber verstärkt hergestellt wird. An Mäusen mit transplantierten Leberkrebszellen konnten sie erstmals in einem „lebenden System“ nachweisen, dass durch einen Hemmstoff, der die Cyclooxygenase-2 ausschaltet, das Tumorwachstum gehemmt wird.

Die Genaktivität bestimmt die Therapie

„Dass diese Gene bei Lebertumoren bzw. bei Lebermetastasen so unterschiedlich aktiv sind, bietet eine viel versprechende Grundlage für neue diagnostische und therapeutische Maßnahmen“, erläutert Professor Schirmacher. Denn wenn sich die Tumoren molekularbiologisch fundamental unterscheiden, könnte dies künftig ausschlaggebend für eine gen-spezifische Therapie sein. Die Wissenschaftler möchten nun spezifische auf die molekularen Entstehungsmechanismen abgestimmte Therapien entwickeln und diese in den nächsten Jahren in klinischen Studien testen.

Die Forschungsarbeiten sind in ein Netzwerk eingebunden, das seit kurzem durch eine Verbundförderung des Landes Baden Württemberg unter Koordination von Professor Schirmacher gefördert wird. Im Rahmen dieser Forschungsförderung werden zur Zeit fünf Arbeitsgruppen des Universitätsklinikums Heidelberg unterstützt.

Homepage des Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum Heidelberg
http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/pathologie

Ansprechpartner:
Professor Dr. Peter Schirmacher
Telefon: 06221 / 562600
Peter.Schirmacher@med.uni-heidelberg.de

Posterpreise:

T. Nussbaum, S. Vreden, K. Breuhahn, P. Schirmacher
Identifizierung des insulin-like growth factor (IGF)-II als therapeutische Zielstruktur in der Hepatokarzinogenese
Posterpreis der Deutschen Gesellschaft für Pathologie (DGP), Jahrestagung der DGP, Wuppertal, 2005

Bandapalli O, Brand K
Global analysis of host tissue gene expression in the invasive front of colorectal liver metastases
Posterpreis der Deutschen Gesellschaft zum Studium der Leber (GASL); 21. Jahrestagung der GASL, Ulm, 2005

Brand K, Bandapalli O
Differentiell regulierte Gene und Genexpression in der Invasionsfront kolorektaler Lebermetastasen
Posterpreis der Arbeitsgemeinschaft Gastroenterologische Onkologie (AGO), Jahrestagung der AGO, Aachen, 2005

Literatur:

Bandapalli OR, Geheeb M, Kobelt D, Kuehnle K, Elezkurtaj S, Herrmann J, Gressner AM, Weiskirchen R, Beule D, Bluthgen N, Herzel H, Franke C, Brand K. Global analysis of host tissue gene expression in the invasive front of colorectal liver metastases. Int J Cancer. 2006 Jan 1; 118(1): 74 – 89.

M. A. Kern, M. M. Schöneweiß, D. Sahi, M. Bahlo, A. M. Haugg, H. U. Kasper, H. P. Dienes, H. Käferstein, K. Breuhahn, P. Schirmacher: Cyclooxygenase-2 inhibitors suppress the growth of human hepatocellular carcinoma implants in nude mice. Carcinogenesis, 2004; 25:1193-1199

K. Breuhahn, S. Vreden, R. Haddad, S. Beckebaum, D. Stippel, P. Flemming, T. Nussbaum, W. H. Caselmann, B. B. Haab, P. Schirmacher: Molecular Profiling of Human Hepatocellular Carcinoma Defines Mutually Exclusive Interferon Regulation and Insulin-Like Growth Faktor II Overexpression. Cancer Research, Sept. 2004; 64:6058-6064

Bei Rückfragen von Journalisten:
Dr. Annette Tuffs
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 672
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 / 56 45 36
Fax: 06221 / 56 45 44
E-Mail: Annette_Tuffs@med.uni-heidelberg.de

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