Osteoporose-Forschung mit japanischem Fisch

Widersprüchliche Ergebnisse lassen Forscher rätseln

Forscher der Universitäten Bonn, Aachen, Würzburg und des Zentrums für Luft- und Raumfahrt haben eine Entdeckung gemacht, die eine zuvor aufgestellte Theorie auf wackelige Beine stellt: Fische verlieren, anders als Menschen, in der Schwerelosigkeit nicht an Knochenmasse. Zwei Forscher der Universität Aachen haben den japanischen Reisfisch in künstliche Schwerelosigkeit gebracht und daraufhin untersucht, berichten sie im Wissenschaftsmagazin „Advances in Space Research“.

In früheren Untersuchungen an Astronauten konnten Forscher feststellen, dass durch die fehlende Erdanziehung im All die Knochen an Masse verlieren. Auch Zellkulturen produzieren unter Schwerelosigkeit weniger cbfa1, ein Protein, das den Knochenaufbau fördert. Hingegen reagiert der japanische Reisfisch, der ganz ähnliche Regulatoren für die Knochenentwicklung produziert wie der Mensch, völlig anders: Er bildet unter simulierter Schwerelosigkeit nicht weniger, sondern sogar deutlich mehr cbfa1 als unter normalen Bedingungen.

Der Ernährungswissenschaftler Jörg Renn hat sich zum Ziel gesetzt, Krankheiten wie die Osteoporose, bei der der Knochenaufbau gestört ist, anhand des Reisfisches zu untersuchen. Dazu wurden Fische künstlich in Schwerelosigkeit gebracht in dem sie für 24 Stunden in einem Glasröhrchen mit Wasser gehalten wurden, das sich einmal pro Sekunde um seine Längsachse drehte. „Wir versuchen so, die molekularen Mechanismen hinter dem Knochenverlust zu verstehen“, erklärt Renn. Endziel sei es, auch Krankheiten wie die Osteoporose besser zu begreifen und Strategien zu ihrer Vermeidung und Bekämpfung zu entwickeln. Das Außergewöhnliche an dem Forschungsergebnis war, dass die Fische völlig anders reagierten, als man es aus Zellkultur-Experimenten erwartet hatte.

Ein zentraler Regulator für die Knochenentwicklung ist der „Core Binding Factor Alpha1“, auch cbfa1 genannt. Dieser stimuliert die Bildung der Zellen, die den Knochen aufbauen. Versuchstiere ohne cbfa1 können keine Knochensubstanz bilden. Dass die Reisfische plötzlich die cbfa1-Produktion hochfahren, erklärt Renn mit einem möglichen Kompensations-Mechanismus. Denkbar sei auch, dass dieser Prozess im Menschen trotz aller Parallelen noch ganz anders laufe oder dass die simulierte Schwerelosigkeit sicherlich nicht mit dem tatsächlichen Verlust der Erdanziehung gleichzusetzen sei.

Renn und der Immunologe Roland Goerlich plädieren dennoch dafür, die Fische als Modellorganismen in der Osteoporose-Forschung einzusetzen. In Japan beginnt sich dieser Ansatz bereits durchzusetzen. „Das wird uns sicherlich helfen, die molekularen Zusammenhänge besser zu verstehen, die bei Prozessen wie dem Knochenauf- und -abbau eine Rolle spielen“, erklärt Renn.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.molbiotech.rwth-aachen.de

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