In Würde zu Hause sterben

Universitätsklinikum Heidelberg schließt mit drei Krankenkassen einen Vertrag zur Integrierten palliativmedizinischen Versorgung krebskranker Patienten

Als erstes Universitätsklinikum in Deutschland bietet das Universitätsklinikum Heidelberg Patienten, die an einer Krebserkrankung im Spätstadium leiden und in einem Umkreis von 150 Kilometern wohnen, eine ambulante palliativmedizinische Versorgung in ihrem häuslichen Umfeld an. Dafür hat das Klinikum zum 1. Dezember 2005 einen Vertrag mit der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK), der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) und der Technikerkrankenkasse (TK) geschlossen. Den drei Krankenkassen gehören 60 bis 70 Prozent der gesetzlich Versicherten in Deutschland an.

Patienten, die an einer unheilbaren Krebserkrankung leiden, benötigen im letzten Stadium ihrer Erkrankung eine besondere medizinische Betreuung. Meist haben sie den Wunsch, ihre letzten Lebenswochen schmerzfrei zu Hause im Kreis ihrer Angehörigen zu verbringen. Eine zufrieden stellende ambulante palliativmedizinische Versorgung scheitert in Deutschland jedoch meist an den scheinbar unüberwindbaren Strukturen zwischen den Kliniken und dem niedergelassenen Bereich.

Modellprojekt soll Versorgungsdefizite schließen helfen

Mit der gesetzlich abgesicherten „integrierten Versorgung“ hat der Gesetzgeber die Grundlage dafür geschaffen, dass diese Versorgungslücke durch den ambulanten Einsatz von Klinikspezialisten im Verbund mit den niedergelassenen Ärzten geschlossen werden kann.

„Gemeinsam mit den Kostenträgern im Gesundheitswesen ist das Universitätsklinikum Heidelberg neue Wege gegangen“, erklärte Professor Dr. Eike Martin, Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg bei einer Pressekonferenz am 7. Dezember 2005 in Heidelberg. „Wir gehen davon aus, dass dieses Projekt Vorbildcharakter hat und dazu beiträgt, dass die gravierenden Defizite in der palliativmedizinischen Versorgung in Deutschland behoben werden.“ Das Modellprojekt ist zunächst bis Ende 2006 vertraglich vereinbart. Professor Martin kündigte zudem an, dass das Universitätsklinikum Heidelberg die Einrichtung einer Palliativstation plane, die die ambulante Versorgung ergänzt.

Durch die intensive ambulante Betreuung sollen Einweisungen der Patienten in die Klinik vermieden werden, die von ihnen meist nicht gewünscht sind und oft mit hohen Kosten für die Krankenkassen verbunden sind. Ähnliche Verträge hat die DAK bereits seit Januar 2005 mit dem Hegau-Klinikum in Singen und die AOK Sachsen mit dem St. Joseph Stift in Dresden geschlossen.

Patienten regulieren Schmerzpumpe nach Bedarf

Das Ärzteteam des Heidelberger Zentrums für Schmerztherapie und Palliativmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg unter der Leitung von Professor Dr. Hubert-Josef Bardenheuer betreut gemeinsam mit niedergelassenen Kollegen derzeit 13 schwerkranke Patienten – von Kindern bis über 80jährigen Patienten – in ihrer häuslichen Umgebung und steht dafür rund um die Uhr zur Verfügung. Es wird damit gerechnet, dass künftig mehr als 100 Patienten pro Jahr zu Hause versorgt werden. Im Vordergrund steht die Behandlung der Patienten mit Schmerzpumpen, über die sie die Dosierung des Schmerzmittels selbst anpassen können.

„Im Heidelberger Schmerzzentrum stellen wir zunächst den Patienten ambulant auf die Behandlung mit Morphinpräparaten über eine Schmerzpumpe ein“, berichtete Professor Bardenheuer. Danach wird die Betreuung zu Hause fortgesetzt. Auf elektronischem Wege werden die vom Patienten sich selbst zugeführten Schmerzmitteldosen regelmäßig überwacht.

Der Bereitschaftsdienst des Schmerzzentrums kann die Hausärzte jederzeit beraten oder sucht, wenn erforderlich, selbst den Patienten auf. Hausarzt sowie Pflegedienste bilden mit dem Schmerzzentrum das ambulante Betreuungsteam. Die meisten Hausärzte würden nur selten Patienten im Endstadium ihrer Erkrankung versorgen, so Professor Bardenheuer. Zudem ließen sich schwere Tumorschmerzen oft nur durch selten eingesetzte Kombinationen von Medikamenten behandeln. Wichtige Ergänzung des ambulanten Notfall-Hintergrunddienstes sind die Intensiv-Schulungskurse für Hausärzte, die das Heidelberger Schmerzzentrum regelmäßig anbietet.

„Die palliativmedizinische Betreuung umfasst jedoch nicht nur medizinische Maßnahmen“, sagte Professor Bardenheuer. Er wies darauf hin, dass die Patienten, deren Lebenserwartung im Durchschnitt bei ca. 30 Tagen liege, auch eine psychisch und spirituell Unterstützung erfahren müssten.

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw

Weitere Informationen:

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de

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