Die Geschichte der Schilddrüsenforschung

Tierexperimente medizinisch gerechtfertigt

Im ausgehenden 19. Jahrhundert haben Tierversuche wichtige Fragen der Schilddrüsenforschung beantwortet, die alternativ nur am Menschen hätten geklärt werden können. So erkannten die Mediziner die Bedeutung des Jods und dessen Mangelerscheinung in Form des Kropfs. Zu diesem Ergebnis kommt Dr. Robert Franzke vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität Köln.

Die im Halsbereich aller Wirbeltiere und des Menschen gelegene Schilddrüse produziert Hormone, die Stoffwechselprozesse des Körpers steigern und das Wachstum im Kindesalter steuern. Erst Experimente an Tieren, wie Hunden und Katzen, gaben Aufschluss über diese Funktionen der Drüse. Zuvor war es Ärzten im ausgehenden 19. Jahrhundert nicht gelungen, Schilddrüsenerkrankungen erfolgreich zu therapieren. Krankhafte Drüsen wurden damals aus Unwissenheit entfernt, was jedoch zunächst unerklärliche körperliche Mangelerscheinungen am Patienten hervorrief, wie z.B. Aufgedunsenheit von Gesicht und Körper. Bei Tieren führte die Operation zum Tode.

Nach diesen Vorfällen wurden Bedeutung und Unentbehrlichkeit der Schilddrüse für den Organismus durch Entfernen und Transplantation der Drüse an Tieren geklärt. Innerhalb von zehn Jahren, von 1895 bis 1905, wurde sowohl Jod als unentbehrlicher Bestandteil des tierischen und menschlichen Organismus in der Schilddrüse nachgewiesen, als auch seine Funktion als essentieller Baustein des Schilddrüsenhormons bekannt. Die Wirkung dieses Hormons wurde an gesunden Tieren erprobt: Die zusätzliche Zufuhr löste eine gesteigerte Stoffwechseltätigkeit aus und führte zu Gewichtsverlust – eine Methode, die Ende des 19. Jahrhunderts als „Schilddrüsentherapie“ unter übergewichtigen Patienten Furore machte.

Es war dem behandelnden Arzt überlassen, ob er eine solche Therapiemethode auf Wunsch des Patienten an ihm durchführte. Dennoch sprachen in der Grundlagenforschung vor allem praktische Gründe, wie die absolute Kontrolle der Versuchsbedingungen bei einem Experiment, für den Tierversuch. Gelegentlich wurden jedoch um der leichteren Übertragbarkeit der Ergebnisse Willen Experimente an Insassen von Irrenanstalten durchgeführt. Diese Methode entbehrt heutzutage jeder ethischen Grundlage und zeigt retrospektiv, so Dr. Franzke, die Notwendigkeit und den Erfolg der Versuche am Tier auf.

Für Rückfragen steht Ihnen Herr Dr. Robert Franzke unter der Telefon- und Faxnummer 03837831706 und unter der Email-Adresse franzke4you@gmx.de zur Verfügung.

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Gabriele Rutzen idw

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