Multiple Sklerose, Alzheimer und Parkinson

Proteinaggregate im Zellkultur-Modellsystem

Oldenburger Wissenschaftlerinnen an internationaler Forschung beteiligt

Über die Ursache von Krankheiten, die mit einer Störung des Zentralen Nervensystems (ZNS) einhergehen, ist noch relativ wenig bekannt. Derzeit richten sich die Bemühungen der Wissenschaft vor allem darauf, die Krankheitsmechanismen etwa von Multipler Sklerose (MS), Alzheimer und Parkinson auf molekularer Ebene nachzuvollziehen, um die Voraussetzungen für die Entwicklung neuer Medikamente zu schaffen. Mit zu den dabei international führenden WissenschaftlerInnen gehört Prof. Dr. Christiane Richter-Landsberg mit ihrer Arbeitsgruppe Molekulare Neurobiologie. Kürzlich wurde der Oldenburger Neurobiologin von der Society for Progressive Supranuclear Palsy, der amerikanischen Gesellschaft für PSP (Progressive supranukleare Blickparese, ebenfalls eine Erkrankung des ZNS), ein Forschungspreis in Höhe von 46.000 Dollar zugesprochen. Speziell für die PSP, aber auch für MS könnten die Oldenburger Forschungsarbeiten wichtige Erkenntnisse bringen.

In den Gehirnen von Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen (wie Alzheimer, Parkinson oder PSP) bilden sich Ablagerungen von Proteinen, die unter normalen Bedingungen gut löslich sind. Diese Proteinaggregate, die nicht mehr abgebaut werden können, schädigen Transportprozesse in den Zellen und führen schließlich zum Zelltod. In aufwändigen Laborversuchen haben die Oldenburger WissenschaftlerInnen inzwischen erfolgreich Zellkultur-Systeme (Gehirn-Zellkulturen, Vermehrung von tierischen Gehirnzellen) etabliert, an denen die molekularen Mechanismen, die zur Protein-Aggregatbildung führen, genau studiert werden können. In einer Reihe von Arbeiten, die u.a. in der renommierten Wissenschaftszeitschrift „Journal of Neuroscience“ erschienen sind, haben sie über ihre Forschungen berichtet.

In ihrer weiteren Arbeit wollen sie nun herausfinden, ob über eine vermehrte Zufuhr von sog. Stressproteinen zur Auflösung der Proteinaggregate beigetragen werden kann. Bei Krankheiten und dem Auftreten von zellulärem Stress (der z.B. durch entzündliche Prozesse, Stress, Fieber, virale Infektionen und Umweltgifte ausgelöst wird) bildet der Körper zu „zellulären Reparaturzwecken“ und zum Schutz Stressproteine. Ihr Vorkommen auch in den unlöslichen Proteinaggregaten deutet darauf hin, so Richter-Landsberg, dass „die ’Rettungsmechanismen’ nicht erfolgreich waren, möglicherweise weil zuwenig Stressproteine gebildet wurden“.

Ein anderer Schwerpunkt der Oldenburger Gruppe, gefördert von der Hertie-Stiftung, richtet sich auf die Aufklärung von Vorgängen bei sog. demyelinisierenden Prozessen, die vor allem bei MS eine zentrale Rolle spielen. Myelin ist eine weiße Substanz im Gehirn, die für Nervenzellen von großer funktioneller Bedeutung sind, und für deren Ausbildung eine besondere Gruppe von Zellen, die Oligodendrocyten, zuständig sind. Auch in diesen Zellen werden Proteinablagerungen beobachtet. Die Arbeitsgruppe untersucht an diesen Zellen, die in Kultur gehalten werden können, Signalwege, die die Ausbildung des Myelins fördern und bei krankhaften Prozessen eventuell gestört sind.

Die grundlegenden Forschungsarbeiten und bisherigen Befunde tragen nicht nur zum Verständnis der Mechanismen bei, die an der Krankheitsentstehung beteiligt sind, sondern werden auch in die Entwicklung von Medikamenten und geeigneten Strategien zur Krankheitsbekämpfung einmünden. Bis es dazu kommt, dürften etwa fünf bis zehn Jahre vergehen, schätzt Richter-Landsberg.

Kontakt: Prof. Dr. Christiane Richter-Landsberg, Tel.: 0441/798-3422, E-Mail: christiane.richter.landsberg@uni-oldenburg.de

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Gerhard Harms idw

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