Auf Proteinsuche in Netzhaut und Nervenzellen

Die Netzhaut des Auges enthält nicht nur die sensorischen Photorezeptorzellen, die das Licht wahrnehmen. Am Sehvorgang sind mehr als 50 verschiedene Nervenzelltypen beteiligt. So dient die Netzhaut der Wissenschaft gleichzeitig als relativ einfaches Modell für das Zentrale Nervensystem (ZNS).

Für den Sehprozess müssen im Laufe des Lebens schätzungsweise 25.000 verschiedene Gene in der Netzhaut angeschaltet werden. Viele von ihnen sind ausschließlich in Nervenzellen aktiv. Weltweit arbeiten mehrere Gruppen von Wissenschaftlern daran, diese Gene und ihre Produkte zu erforschen. Sie alle hoffen darauf, neue Einblicke in den molekularen Aufbau und die Funktion der Netzhaut und anderer Gehirnstrukturen zu gewinnen.

Das gilt auch für Heidi Stöhr vom Institut für Humangenetik der Uni Würzburg. Sie hat in den vergangenen Jahren eine Studie koordiniert, die vom Deutschen Humangenomprojekt gefördert wurde. Ziel war die Erstellung eines Genkatalogs der menschlichen Netzhaut. Durch die Studie war die Würzburger Wissenschaftlerin an der Identifizierung zahlreicher, bisher unbekannter Gene beteiligt, die für Netzhaut und Nervenzellen spezifisch sind.

Eine Auswahl dieser Gene und der darin verschlüsselten Proteine hat sie nun an der Universität von British Columbia in Vancouver (Kanada) mit molekularbiologischen Methoden charakterisiert. Ihre Forschungsaufenthalte dort wurden durch ein Stipendium aus der Jubiläumsstiftung zum 400-jährigen Bestehen der Universität gefördert.

Einige der neuen Proteine befinden sich ganz spezifisch an den Synapsen der Netzhaut, also an den Kontaktstellen zwischen Nervenzellen. Synapsen spielen im Nervensystem eine zentrale Rolle, und zwar bei der Informationsweiterleitung sowie bei Lern- und Gedächtnisprozessen. Wenn ihre Funktion gestört ist, kann das zu Netzhautdegenerationen mit schwerer Beeinträchtigung der Sehkraft und zu anderen neuronalen Erkrankungen führen, beispielsweise zur Epilepsie.

Der Untergang von Nervenzellen kann aber auch andere Ursachen haben. So enthalten die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut winzig kleine Strukturen, die mit den feinen Flimmerhärchen (Zilien) verwandt sind, die viele Hohlräume des Körpers auskleiden. Auch an dieser bisher wenig erforschten Stelle ist Heidi Stöhr bestimmten Molekülen auf der Spur – denn Mutationen in den Proteinen der Zilien stehen in Zusammenhang mit erblichen Netzhauterkrankungen, wie zum Beispiel der Retinitis Pigmentosa oder dem Bardet-Biedl-Syndrom. Bei beiden Krankheiten lässt die Sehkraft bis hin zur Erblindung nach.

In derzeit laufenden Projekten erforscht die Wissenschaftlerin die Rolle der neuen Synapsen- und Zilienproteine in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Immunbiologie in Freiburg. Die Grundlage für diese Arbeiten wurde durch die Förderung aus der Jubiläumsstiftung gelegt.

Weitere Informationen:
PD Dr. Heidi Stöhr,
T (0931) 888-4090,
Fax (0931) 888-4069,
E-Mail: heidi.stoehr@biozentrum.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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