Herzspezialisten: Behandlung angeborener Herzfehler optimieren, "Versorgungslücken" in Deutschland schließen

29. Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 16. Jahrestagung der Arbeitsgruppen Herzschrittmacher und Arrhythmie; 6. bis 8. Oktober 2005 in Dresden


In Deutschland sind 200.000 bis 300.000 Menschen aller Altersstufen von angeborenen Herzfehlern betroffen, jedes Jahr kommen rund 5000 weitere dazu. Herzspezialisten diagnostizieren allerdings auf dem Kardiologen-Kongress in Dresden „Versorgungslücken“ für erwachsene Patienten, weil nicht ausreichend viele Ärzte für deren Behandlung ausgebildet sind: Sie müssen häufig in Kinderkliniken, oder von dafür nicht ausreichend ausgebildeten Erwachsenen-Kardiologen behandelt werden. Für eine optimale Betreuung sei nun ein „mehrstufiges Versorgungssystem anzustreben“, fordert ein Strategiepapier des Kompetenznetz Angeborene Herzfehler und einer interdisziplinären Task Force.

Dresden, Donnerstag 6. Oktober 2005 – Deutschlands Herzspezialisten wollen die Behandlung angeborener Herzfehler optimieren. Zwar bestehe für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit angeborenem Herzfehler ein flächendeckendes Versorgungsnetz, „doch mit Erreichen des Erwachsenenalters geraten viele Patienten mit angeborenen Herzfehlern in eine Versorgungslücke“, so Prof. Dr. Günter Breithardt, Münster. Auf dem deutschen Kardiologen-Kongress in Dresden, bei dem derzeit rund 2500 Herzspezialisten zusammen kommen, vorgestellten „Empfehlungen zur Qualitätsverbesserung der interdisziplinären Versorgung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH)“ sollen nun Abhilfe schaffen.

„In Deutschland gibt es, ebenso wie im gesamten Ausland, nur wenige Kardiologen mit adäquaten Fachkenntnissen auf dem Gebiet der Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern“, so Prof. Breithardt. „In der Folge müssen häufig erwachsene Patienten in Kinderkliniken aufgenommen werden, die nicht auf die Diagnose und Therapie von Erwachsenen eingestellt sind.“ Bisher existiere weder eine strukturierte Fort- und Weiterbildung für Ärzte, die Erwachsene mit angeborenem Herzfehler betreuen, noch ein nationales Register für solche Krankheiten.

Angeborene Herzfehler sind die häufigsten angeborenen Erkrankungen, in Deutschland sind geschätzte 200.000 bis 300.000 Menschen aller Altersstufen davon betroffen, jedes Jahr kommen rund 5000 weitere dazu. Während noch vor wenigen Jahrzehnten sehr viele Betroffene bereits in den ersten Lebensjahren verstarben, erreichen derzeit mehr als 85 Prozent das Erwachsenenalter, bedürfen allerdings häufig weiterer Operationen oder Herzkatheter-Interventionen. Prof. Breithardt: „Medizinische Versorgungsprobleme entstehen einerseits, wenn im Erwachsenenalter eine primäre Betreuung durch Kinderkardiologen erfolgt, die keine ausreichende Erfahrung mit Erkrankungen des Erwachsenenalters haben, andererseits wenn die primäre Betreuung von Erwachsenenkardiologen übernommen wird, die meist nur über geringe Kenntnisse und Erfahrungen mit angeborenen Herzerkrankungen verfügen.

Mehrstufiger Versorgungsplan soll optimale Versorgung sichern

In dem „Empfehlungen“, die von sämtlichen relevanten ärztlichen Fachgesellschaften mitgetragen werden, wird nun gefordert, „kurzfristig bedarfsgerechte, vernünftig regional verteilte Versorgungsstrukturen zu schaffen, in denen Ärzte verschiedener Fachrichtungen kooperieren, die selbst über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen in der Betreuung angeborener Herzfehler verfügen.“ Für eine optimale Betreuung sei ein „mehrstufiges Versorgungssystem anzustreben“.

Grundlage der ärztlichen Versorgung bildet die hausärztliche Betreuung (Basisversorgung). Die erste EMAH-spezifische Stufe umfasst die fachärztliche Versorgung durch ausgebildete – in Zukunft EMAH-zertifizierte – Erwachsenen- oder Kinderkardiologen in Schwerpunktpraxen oder regionalen EMAH-Kliniken. Für die 2. Stufe stehen überregionale EMAH-Zentren zur Verfügung, in denen spezielle Kenntnisse und Erfahrungen in der Behandlung komplexer, schwerwiegender und seltener angeborener Herzfehler bestehen. Prof. Breithardt: „Es ist erklärtes Ziel, in Deutschland bedarfsgerecht und regional verteilt solche Zentren für die Betreuung von EMAH auszuweisen.“

Zudem müssen kurzfristig Programme für die strukturierte Fort- und Weiterbildung von Ärzten erstellt werden, die künftig EMAH betreuen sollen. Diese Fort- und Weiterbildung muss an Zentren erfolgen, die entsprechende Voraussetzungen erfüllen.

Zusatz-Qualifikation „Angeborene Herzfehler im Erwachsenenalter“ gefordert

Prof. Breithardt: „Überdies ist es wichtig, dass in Absprache der Fachgesellschaften ein Befähigungsnachweis (Zusatz-Qualifikation) „Angeborene Herzfehler im Erwachsenenalter“ geschaffen wird, der von Erwachsenen- und Kinderkardiologen erworben werden kann.“

Die Empfehlungen wurden gemeinsam mit dem Kompetenznetz Angeborene Herzfehler von einer interdisziplinären Task Force erarbeitet, der folgende Vereinigungen angehören: die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK), die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK), die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG), der Arbeitsgemeinschaft Leitender Kardiologischer Krankenhausärzte e. V. (ALKK), der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen e. V. (BNK), die Arbeitsgemeinschaft Niedergelassener Kinderkardiologen e. V. (ANKK), die AG „Kongenitale Herzfehler im Erwachsenenalter“ der DGK, der Bundesverband Herzkranke Kinder e. V. (BVHK), sowie die Bundesvereinigung Jugendliche und Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern e.V. (JEMAH).

Kontakt:
Prof. Dr. Eckart Fleck, Berlin (Pressesprecher der DGK)
Christiane Limberg, Düsseldorf (Pressereferentin der DGK), D-40237 Düsseldorf, Achenbachstr. 43, Tel.: 0211 / 600 692 – 61; Fax: 0211 / 600 692 – 67 ; Mail: limberg@dgk.org http://mailto:limberg@dgk.org
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