Trends der Impfstoff-Forschung

Die Impfstoff-Forschung war ein Thema während des Berliner Wissenschaftssommers. Ein Gespräch mit Professor Stefan Kaufmann vom Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie. Er ist Koordinator eines Schwerpunktprogrammes der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Warum ist die Impfstoff-Forschung wichtig?

Weltweit wird ein Drittel aller Todesfälle durch Infektionskrankheiten verursacht. In der Todesursachenstatistik rangieren diese Erkrankungen noch vor Krebs. Jährlich sterben an ihnen 17 Millionen Menschen. Denn nach wie vor können wir Menschen noch nicht gegen große „Killer“ wie Aids, Tuberkulose oder Malaria mit Hilfe von Impfstoffen schützen. Denn diese Erreger sind besonders kompliziert und trickreich. Mit ausgeklügelten Strategien können sie der körpereigenen Abwehr entgehen. Mit den bislang üblichen Methoden kommen wir daher nicht weiter. Die Impfstoff-Entwicklung muss an den rasanten Erkenntnisfortschritt der Grundlagenforschung angekoppelt werden.

Welche Strategien verfolgen Sie und Ihre Kollegen zur Zeit in der Impfstoff-Forschung?

Da gibt es verschiedene Ansätze. Zum einen versuchen wir, so genannte rekombinante Impfträger zu entwickeln. Dabei handelt es sich beispielsweise um abgeschwächte Bakterien, denen wir zusätzlich Gene mit der Bauanleitung für ein oder mehrere Antigene fremder Krankheitserreger einpflanzen. Diese Antigene aktivieren das Immunsystem und können so eine Infektion verhüten. Eine andere Strategie sind so genannte DNA-Vakzine. Diese Impfstoffe bestehen aus einem Stück Erbsubstanz des Erregers, welches für eines oder mehrere Impfantigene kodiert.

Was ist der Vorteil der rekombinanten Impfträger?

Man setzt Impfträger ein, von denen wir wissen, dass sie eine starke Immunantwort auslösen können. Dazu sind etwa Salmonellen in der Lage. Sie überleben lange genug im Körper, um einen ausreichend starken und lang anhaltenden Schutz zu bewirken. Darum gibt es auch bereits einen Impfstoff gegen Salmonellen aus abgeschwächten Erregern. Diese abgeschwächten Erreger bieten sich daher als Trägersysteme an. Mann kann Antigene von komplizierten Krankheitserregern, von denen sich nicht ohne weiteres Impfstämme ableiten lassen, übertragen.
Um die Verfügbarkeit der Antigene zu verbessern, haben wir Impfstoffträger beispielsweise mit einem aktiven Sekretionssystem ausgerüstet. Dadurch werden die Impfantigene von den Bakterien ausgeschleußt und sofort dem Immunsystem präsentiert.
Aus Experimenten wissen wir, dass lediglich solche ausgeschleußten Antigene Schutz bieten. Bleiben die gleichen Antigene im Impfträger eingeschlossen, sind sie hingegen unwirksam.
Darüber hinaus untersuchen wir zur Zeit verschiedene rekombinante Impfträger, die eingebaute Antigene auf unterschiedliche Art präsentieren. Denn es kommt auch darauf an, dass diese Träger die Antigene sowohl Helfer- als auch Killer-T-Zellen des Immunsystems gleichermaßen anbieten. Dann können sie als Träger von Impf-Antigenen gegen unterschiedliche Erkrankungen, etwa Bakterien, Parasiten oder Viren, dienen.

Was ist der Vorteil von DNA-Vakzinen?

Diese Impfstoffe bestehen nur aus einem Stück Erbsubstanz des Erregers, das für das schützende Antigen kodiert. Dieses wird in ein kleines ringförmiges DNA-Molekül, ein Plasmid, eingebaut. Dieses Plasmid enthält zusätzlich Kontrollelemente, die die Zellen des Impflings „verstehen“. Die DNA-Vakzine wird zum Beispiel in die Muskulatur gespritzt, wo die Zellen die DNA aufnehmen und nach deren Bauanleitung die entsprechenden Eiweißmoleküle zusammenbauen. Die Strategie wird international zur Verhütung aber auch Behandlung zahlreicher Infektionskrankheiten erprobt, etwa gegen HIV. In den USA sind bereits klinische Studien mit freiwilligen Versuchpersonen angelaufen.
Allerdings müssen noch etliche Probleme gelöst werden. DNA-Vakzine sind nur schwach wirksam. Während die rekombinanten Impfstoff-Träger ihre eigenen „Verstärker“ haben, die die Immunantwort intensivieren, ist dies bei den DNA-Impfstoffen nicht der Fall. Sie müssen in zu großen Mengen eingesetzt werden, um wirksam zu sein. Wir sehen darum nur schwache Immunantworten im Menschen. Aber das ist lösbar. Wir setzen ein „Verpackungssystem“ ein, durch das wir die erforderlichen Impfdosen um den Faktor zehn bereits reduzieren können. Außerdem ist noch nicht ganz ausgeschlossen, dass sich diese Impfstoffe in die Erbsubstanz der Zellen des Impflings integrieren könnte. Bislang wurde dies zwar noch nicht beobachtet, aber wenn es doch geschehen sollte, kann dies schädlich sein, wenn dadurch wichtige Abschnitte des Erbguts inaktiviert oder potenziell gefährliche Gene aktiviert werden.

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Barbara Ritzert idw

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