Bessere Lernerfolge durch Dopamin?

Wie lässt sich das Lernen verbessern? Diese Frage ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund des schlechten Abschneidens deutscher Schüler bei der PISA-Studie von besonderer Aktualität. Die Diskussion konzentrierte sich dabei allerdings bislang vornehmlich auf politisch beeinflussbare Aspekte wie Klassengröße oder Lehrpläne. In einem soeben bewilligten Forschungsprojekt an der Universität Münster wollen Wissenschaftler unterschiedlicher Fachgebiete jetzt untersuchen, inwieweit Lernen, Gedächtnis und eine Funktionserholung des Gehirns (etwa nach Schlaganfall) durch eine Beeinflussung des Gehirnbotenstoffs Dopamin verbessert werden kann und welche Mechanismen dabei eine Rolle spielen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wird dieses Verbundprojekt, dessen Sprecher Prof. Dr. Stefan Knecht von der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Münster (UKM) ist, für drei Jahre mit gut 1,1 Millionen Euro fördern.


Die besten Voraussetzungen für Lernerfolge und Gedächtnisbildung bestehen während der Gehirnreifung, das heißt im Kindes- und Jugendalter, sowie in Situationen, die für die jeweilige Person von besonderer Bedeutung sind. Mittlerweile haben Wissenschaftler verschiedene Faktoren im Organismus identifiziert, die das Lernen fördern. Einige von ihnen können sogar gezielt beeinflusst werden. Dazu gehört der Neurotransmitter Dopamin. Wie Prof. Knecht berichtet, kann eine medikamentös (durch Gabe einer Vorläufersubstanz) bewirkte Erhöhung dieses Botenstoffs im Gehirn sowohl den Lernerfolg verbessern als auch eine Erholung geschädigter Hirnfunktionen nach einem Schlaganfall beschleunigen. Diese „dopaminerge Modulation“, das heißt die Beeinflussung dieses Gehirnbotenstoffs, bietet laut Knecht „vielversprechende therapeutische Möglichkeiten“.

Diese Möglichkeiten und die Mechanismen, die dabei eine Rolle spielen, näher zu erforschen, ist Ziel des soeben genehmigten Verbundprojektes in Münster. Thematisch wird dabei ein großer Bogen geschlagen von Veränderungen des Lebensstils bis hin zu neuronalen Stammzellen. Das Forschungsteam umfasst daher Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen. Neben Neurologen sind Sportwissenschaftler, Neuropsychologen, Psychologen Neurolinguisten, Physiker, Verhaltensbiologen und Biokybernetiker beteiligt. Die Methoden, die dabei zum Einsatz kommen, reichen von bildgebenden Verfahren wie Magnetenzephalographie und Kernspintomographie über Verhaltens- und Sporttraining bis hin zu molekulargenetischen Untersuchungen.

Im Rahmen dieses groß angelegten Projektes werden die Forscher unter anderem der Frage nachgehen, ob Dopamin das Lernen bereits auf der Ebene der Sinnesreizverarbeitung beeinflusst. Ferner wollen sie untersuchen, welche Gehirnsysteme intakt sein müssen, damit es überhaupt zu einer Verbesserung von Lernen und Gedächtnis durch Dopamin kommen kann. Im Fokus ihres Interesses steht aber beispielsweise auch, wie weit sich eine Spracherholung nach Schlaganfall durch den Gehirnbotenstoff verbessern lässt. Darüber hinaus wollen sie herausfinden, ob das Lernen auch durch körperliches Training gefördert werden kann, weil dadurch der Dopamin-Spiegel im Gehirn angehoben wird. Nicht zuletzt richten die münsterschen Wissenschaftler ihren Blick auch auf die molekularen Mechanismen, die bei der durch Dopamin bewirkten Lernverbesserung eine wichtige Rolle spielen.

Von den Ergebnissen des Forschungsprojektes sollen Medizin und Gesellschaft profitieren. So könnten auf der Grundlage der Ergebnisse neue neuromodulatorische Therapien in der Klinik, etwa zur noch effektiveren Behandlung von Schlaganfall-Patienten, entwickelt werden. Zum anderen wollen die Wissenschaftler der Gesellschaft Erkenntnisse über optimale Bedingungen für Lernen und Gedächtnis liefern. Dieser doppelte Nutzen ist auch Ziel des BMBF-Programms zur „Förderung von Forschungsverbünden zu kognitiven Leistungen und ihren Störungen beim Menschen“, in dessen Rahmen das Projekt in Münster gefördert wird. So soll laut Ausschreibung eine Brücke geschlagen werden zwischen der klinischen Forschung an Patienten und einem Forschungsansatz, der das grundlegende Verständnis höherer Hirnfunktionen zum Ziel hat.

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Jutta Reising idw

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