Sprachbegabung sinkt schon im 2. Lebensjahr
Gehörlose Kinder sollen rascher Cochlear-Implantate erhalten
Die Fähigkeiten eines Menschen die Sprache zu erlernen, nimmt bereits mit dem dritten Lebensjahr deutlich ab. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Indiana University School of Medicine in Indianapolis. Daher ist es nach Angaben der Experten dringend nötig gehörlosen Kindern so schnell wie möglich Cochlea-Implantate zu geben, damit sie möglichst schnell hören lernen, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature.
Das Forschungsergebnis bestätigt bereits existente Annahmen, dass es zum Erlernen einer Sprache „sensitive Phasen“ gibt, in denen Kinder Grammatik und Vokabular besonders intensiv aufnehmen. Erstaunt war das Forschungsteam um Mario Svirsky allerdings darüber, dass dies bereits in so frühen Jahren geschieht. Der Akustik-Experte hatte mit seinen Kollegen rund 100 Kinder untersucht, die in den ersten vier Lebensjahren Cochlea-Implantate erhalten hatten. Diese Implantate, die ins Ohr eingesetzt werden, wandeln Töne in elektrische Impulse um und ermöglichen daher zumindest eingeschränktes Hören. Das Forschungsteam untersuchte die Kinder in mehreren Abständen nach dem Einsetzen des Implantats.
Den größten Nutzen zeigten Kinder, denen das Implantat bereits vor dem 2. Geburtstag eingesetzt wurde. Die Wissenschaftler verwendeten für die Untersuchung die Reynell Developmental Language Scales, ein Instrumentarium, das das Verständnis von Grammatik und Vokabular verdeutlicht. Die Fähigkeit Sprache zu lernen nahm mit höherem Alter ab. Dennoch war es offensichtlich, dass auch Vierjährige einen deutlichen Nutzen von den Implantaten hatten. Die Studienergebnisse wurden beim derzeit in Vancouver stattfindenden Treffen der Acoustical Society of America präsentiert.
Obwohl die US-Food and Drug Administration (FDA) Cochlea-Implantate bereits im Alter von 12 Monaten zulässt, passiert dies relativ selten. „Zwei Drittel der Kinder sind etwa zwei Jahre alt“, wie Svirsky bestätigt. Das Setzen von Cochlea-Implantaten ist generell allerdings nicht umumstritten. Zahlreiche medizinische Gesellschaften bezeichnen das technische Hilfsmittel als „Heilung“ von der Gehörlosigkeit. „Viele Gehörlose sehen aber keine Veranlassung geheilt zu werden“, so Gwen Carr, Direktorin der National Deaf Children Society in London. Frühe Kommunikation sei mehr als bloß Sprache, meint Carr, die auch das Erlernen der Gebärdensprache als wesentlich ansieht. Auch die New Yorker Sprachforscherin Elissa Newport sieht in den Cochlea-Implantaten nicht das große „Wunder für die meisten Kinder“. Sie sagt, dass die beste Lösung das zusätzliche Erlernen der Gebärdensprache sei.
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