UKBF Referenzzentrum für Lymphknotenkrebs

Prof. H. Stein Urheber der WHO-Klassifikation
Forschungsarbeiten der Pathologen bewirken bestmögliche Behandlung

Jede endgültige Krebsdiagnose zur bestmöglichen Behandlung der Betroffenen wird von Pathologen gestellt, die – anders als in weiten Teilen der Öffentlichkeit bekannt ist – ganz überwiegend für lebende Patienten arbeiten. Voraussetzung für die Erforschung von Krankheitsursachen, für Diagnostik und Therapie sowie für die internationale Vergleichbarkeit von Studienergebnissen ist eine weltweit einheitliche Klassifikation. Für die meisten Tumoren gibt es seit zum Teil Jahrzehnten solche Schemata zur Einteilung der Unterarten. Nicht so beim Lymphknotenkrebs. In verschiedenen Staaten wurden unterschiedliche, sich teils widersprechende Einteilungen vorgenommen. In englischsprachigen Ländern etwa gingen Wissenschaftler und Ärzte nach anderen Kriterien vor als in vielen europäischen Staaten. Die Folge: Mangelhafte Vergleichbarkeit der Ergebnisse von Therapiestudien, so dass nicht alle Patienten an jedem Ort die bestmögliche Therapie erhielten. Dies hat sich erst durch die Arbeiten von Prof. Dr.med. Harald Stein geändert, Leiter des Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) der FU Berlin, der im übrigen jüngst zum Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Pathologie ab 2002 gewählt worden ist und 1998 den Deutschen Krebspreis erhalten hat.
Die Forschungen gehen weiter.

Die bekanntesten malignen („bösartigen“) Lymphome sind der „Morbus Hodgkin“ und die „Non-Hodgkin-Lymphome“, die wiederum in Unterarten eingeteilt werden. Schon seit 1969 hat sich Harald Stein mit der Charakterisierung hämatologischer Erkrankungen befasst; sein Doktorvater war Karl Lennert, der das „Kieler Lymphknoten-Register“ ins Leben gerufen hatte. Dazu war mit Hilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft eine Sammelstelle von Gewebeproben eingerichtet worden, so dass die Erforschung des „Blutkrebses“ auch in Europa vorangetrieben werden konnte. In der zweiten Hälfte der siebziger Jahre hatte der Direktor des Pathologischen Instituts im damals zur Freien Universität gehörenden Universitätsklinikum Berlin-Charlottenburg, S. Blümcke, in Fortführung der weltweit beachteten Kieler Arbeiten eine Sammelstelle für Proben von Patienten mit der Diagnose „Lymphom“ eingerichtet. 1984 übernahm Harald Stein die Leitung der Pathologie am FU-Klinikum in Berlin-Steglitz. Mit Unterstützung des Klinikumsvorstandes ging er daran, die Zahl der externen Einsendungen zu erhöhen, um das Spektrum der wissenschaftlichen Arbeiten erweitern zu können. Im Zusammenhang damit konnte das UKBF seine Konsiliartätigkeit für andere Kliniken und Institute im In- und Ausland anbieten und wurde so zum Referenzzentrum für Lymphknotenkrebs.
Mittlerweile hatten und haben sich die immun- und molekularpathologischen Methoden enorm fortentwickelt. Damit stiegen nicht nur die Ansprüche an die genaue Charakterisierung der malignen Lymphome, sondern die wissenschaftlichen Arbeiten wurden auch immer erfolgreicher im Sinne einer genaueren Diagnostik und zielgerichteten Therapie. In der Folge unterstützte die Deutsche Krebshilfe die weiteren Arbeiten. Die Einrichtung in Berlin erhielt die Bezeichnung Konsultations- und Referenzzentrum für Lymphknotenpathologie. Bis heute hat Prof. Stein Drittmittel von über 12 Millionen Mark einwerben können.
Die Arbeit des Zentrums am UKBF war die Grundlage für die Gründung der Internationalen Lymphknotenstudiengruppe (ILSG) im Jahr 1990 zusammen mit Prof. Isaacson (London), an der sich nach und nach die führenden Fachleute aus Europa und Übersee beteiligten. Die ILSG erarbeitete eine neue Systematik unter dem Namen Revised European American Lymphoma Classification (R.E.A.L.). 1993 wurde diese bei einer Tagung an der FU unter der Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aktualisiert. Diese WHO-Krankheitslehre der Lymphome ist nun, nach weiteren aufwendigen Arbeiten, soeben veröffentlicht worden. Herausgeber sind Harald Stein sowie drei amerikanische Autoren.

Die Inanspruchnahme des Berliner Konsultations- und Referenzzentrums wächst ständig – ebenso wie die Forschungen weitergehen. Gegenwärtig arbeitet zum Beispiel Privatdozent Dr. Michael Hummel gemeinsam mit dem Informatikzentrum Leipzig am Aufbau eines deutschlandweiten EDV-Netzwerkes, um den noch langsamen und äußerst personalaufwendigen Datenaustausch zwischen den Zentralen für klinische Studien, anderen Krankenhäusern und niedergelassenen Pathologen und Onkologen zu verbessern. Dieses vom Bundesforschungsministerium unterstützte Projekt wird die Behandlung der Lymphom-Patienten erheblich verbessern, da sie nach Fertigstellung des Netzwerkes um Wochen schneller die bestmögliche Behandlungsformen erhalten können.

Ansprechpartner:
Prof. Dr.med. Harald Stein
Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF)
Institut für Pathologie
Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin
Tel.: (030) 8445-2295, Fax: -4473
E-Mail: stein@medizin.fu-berlin.de
sowie
PD Dr. Michael Hummel hummel@ukbf.fu-berlin.de

Literaturhinweis:
Harald Stein, Wolfgang Hiddemann:
Die neue WHO-Klassifikation der malignen Lymphome
in: Deutsches Ärzteblatt, 96. Jahrgang, Heft 49, S. A 3168 ff.

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