Radiologie: Aufbruch in die Zukunft mit dem Durchblick des Jahrhunderts

Angetrieben vom rasanten technischen Fortschritt in der Geräte-Entwicklung und Computertechnik befinden sich radiologische Methoden in Diagnostik und Therapie auf dem Vormarsch. „Die wenig belastenden Diagnosemethoden und minimal-invasive Therapien der Radiologen haben begonnen, invasive Verfahren in einigen Bereichen zu ersetzen“, erklärt der Berliner Radiologe Professor Karl-Jürgen Wolf, Präsident des Röntgenkongresses in Berlin. Der Jubiläumskongress anlässlich des 100. Geburtstages der Deutschen Röntgengesellschaft wendet sich mit dem Blick zurück in die Zukunft der Bildgebung.


Die Radiologie ist eine medizinische Fachrichtung, die stark von technischen Neuerungen und einer hohen Innovationsrate geprägt wird. „Die Halbwertzeit des radiologischen Fachwissens beträgt in solchen Spezialgebieten oft nur drei bis fünf Jahre“, erklärt Professor Karl-Jürgen Wolf, Präsident des Deutschen Röntgenkongresses 2005. Wolf leitet die Klinik für Radiologie und Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Charité – Campus Benjamin Franklin. Entsprechend groß ist der Bedarf der Radiologen, sich über die neuesten Forschungsergebnisse in ihrem Fach zu informieren. Darum steigen die Besucherzahlen des Deutschen Röntgenkongresses seit Jahren an. In diesem Jahr, zum Jubiläumskongress in Berlin, werden mehr als 7000 Teilnehmer erwartet.

Das Programm der Tagung spiegelt die rasante technische und wissenschaftliche Weiterentwicklung des Faches wider. So geht z.B. in der Computertomographie (CT) der Trend zu immer mehr Detektorzeilen, d.h., die Geräte werden schneller und liefern Aufnahmen in besserer Auflösung. Sie ermöglichen es, die Bilddaten großer Körpervolumina quasi „in einem Atemzug“ zu erfassen. Auch in der Magnetresonztomographie (MRT) gibt es wesentliche Fortschritte, die inzwischen beispielsweise den ganzen Körper in einem Untersuchungsgang abbilden lassen. „Die neuen Strategien“, erklärt Wolf, „ermöglichen die Darstellung des menschlichen Körpers in relativ kurzer Zeit mit bester Qualität. Dies öffnet ein neues Fenster der Diagnostik.“ Dadurch werde sich die Therapie bei bestimmten Krebsarten verändern, prophezeit der Tagungspräsident.

„Allerdings müssen die neuen diagnostischen Möglichkeiten mit Bedacht eingesetzt werden“, betont Wolf. Denn noch stehen Studien mit großen Patientenzahlen aus, die zweifelsfrei belegen, dass die neuen Möglichkeiten das Krankheits- oder Mortalitätsrisiko reduzieren. Bei häufigen Erkrankungen sind solche Untersuchungen von gesunden Menschen oder Patienten mit Risikofaktoren in der Zukunft dann geeignet, wenn ein Befund therapeutische Konsequenzen hat und ein falsch-positiver Befund nicht dazu führt, dass die Patienten durch eigentlich unnötige weitere oder gar invasive Eingriffe belastet werden.

Auch in der Herzdiagnostik gibt es neue Entwicklungen. Wolf: „Die Untersuchung des Herzens mit CT und MRT macht zwar die Katheterdiagnostik nicht überflüssig, doch sie kann bei bestimmten Konstellationen den Eingriff ersetzen oder zumindest ergänzen. Darum nehmen diese neuen Möglichkeiten und Strategien breiten Raum im Kongressprogramm ein.

Von der Diagnostik zur Therapie. Seit einigen Jahren kommt in der Radiologie – neben der Diagnostik – ein weiterer Schwerpunkt hinzu, der sich inzwischen ebenfalls rasant entwickelt: Die interventionelle, sprich: die therapeutische Radiologie. Gesteuert von den Bildern, die Röntgen- oder Utraschall-Geräte, Computer- oder Magnetresonanz-Tomographen liefern, führen Radiologen inzwischen an vielen Organsystemen minimal-invasive Eingriffe aus, die Patienten Operationen ersparen. Die Therapien sind weniger belastend und können in vielen Fällen ambulant durchgeführt werden.

Seit Mitte der sechziger Jahre hat sich dieses neue Standbein in der Radiologie entwickelt – ausgehend von der Wiedereröffnung verschlossener oder verengter Blutgefäße unter Röntgenkontrolle. Inzwischen setzen Radiologen ihre Strategien nicht nur zur Eröffnung, sondern auch zum Verschließen von Blutgefäßen im Gehirn ein, die zu platzen drohen oder bereits eine Blutung verursacht haben. Etabliert ist inzwischen auch die minimal-invasive Behandlung bestimmter Tumoren und Metastasen, etwa in der Leber, die aufgrund ihrer Ausbreitung und Lage nicht operabel sind. Jüngster Trend ist auf diesem Gebiet die Embolisation gutartiger Tumoren der Gebärmutter (Myome). Auf der Tagung werden erste Langzeitergebnisse dieser neuen Methode vorgestellt, die in Deutschland seit wenigen Jahren eingesetzt wird. „Eine bessere Bildgebung wird es auch ermöglichen, Medikamente ganz gezielt in einen Tumor zu schleusen und dort freizusetzen“, erklärt Wolf.

Die Radiologie, der Durchblick des Jahrhunderts, wird in der Eröffnungsveranstaltung dieses Jubiläumskongresses von prominenten Rednern gewürdigt: Prof. Dr. h.c. Lothar Späth wird aus seinen Erfahrungen heraus über den Stellenwert der Technologieentwicklung sprechen. Der Wissenschaftshistoriker E. Peter Fischer von der Universität Konstanz wird Welt- und Menschenbilder seit den Tagen von Röntgen Revue passieren lassen.

Neue Modelle für die Radiologie der Zukunft. Der Diskurs der Tagung wird jedoch nicht nur von dem Blick auf medizinische Errungenschaften und Neuerungen geprägt. Auch die gesundheitspolitische Entwicklung wird die Radiologen beschäftigen. So hat sich die in den letzten Jahren geübte Strategie des „Outsourcings“ radiologischer Abteilungen aus den Krankenhäusern nach Einschätzung des Kongresspräsidenten nur mit Einshränkung bewährt: „Das Outsourcing hat die Radiologie nicht automatisch billiger gemacht“, so sein Fazit. Zwar würden die Klinikverwaltungen durch die Auslagerung die Investitionen in neue Geräte sparen, müssten dafür aber den Wirtschaftsbetrieb der ausgelagerten Abteilungen finanzieren, in den die Investitionen natürlich auch einfließen und bezahlt werden müssen. Ein denkbares Modell der Zukunft ist für Wolf darum die Partnerschaft zwischen Firmen und Kliniken, neudeutsch privat-public partnership genannt. Dabei werden Verträge mit Industriefirmen über die Nutzung moderner Geräte abgeschlossen. Abgerechnet wird dann pro Patient, der untersucht bzw. behandelt wird.

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Barbara Ritzert idw

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