Radiologie: Die neuen Augen der Ärzte

Die Radiologie macht den Körper durchsichtig, liefert Einsichten und wird zunehmend auch zur Voraussicht eingesetzt. Unsere vielfältigen Methoden sind „die neuen Augen der Ärzte“, erklärt Professor Bernd Hamm, Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft.

Am 8. November 1895 entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen, Professor an der Universität Würzburg, die später nach ihm benannten Röntgenstrahlen – und stieß damit eine rasante Entwicklung an, welche die Diagnostik und Therapie in der Medizin nachhaltig veränderte. Schon immer hatten sich die Mediziner Bilder aus dem Körperinneren gewünscht, um Krankheiten und ihre Ursachen zu erkennen. Durch die Entdeckung von Röntgen wurde dieser Traum wahr.

Nur zehn Jahre nach der Entdeckung der Röntgenstrahlen wurde in Berlin im Jahr 1905 die Deutsche Röntgengesellschaft gegründet. „Vor hundert Jahren wurde geröntgt, auch heute wird geröntgt – aber es hat sich enorm viel verändert“, erklärt Professor Bernd Hamm, Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft und Direktor des Instituts für Radiologie am Universitätsklinikum Charité – Campus Mitte.
So dauerte die Röntgenuntersuchung der Hand von Frau Röntgen – nach der Aufnahme der Hand des Entdeckers selbst die zweite Röntgenaufnahme überhaupt – damals 49 Minuten. Heute dauert eine Aufnahme Millisekunden. Auch die Strahlenexposition ist bei einer konventionellen Röntgenuntersuchung signifikant gesunken. Denn technische Innovationen waren ein ständiger Begleiter der Radiologie. 1972 leitete der Brite Godfrey N. Hounsfield mit der Entwicklung der Computertomographie (CT) eine neue Aera in der Bildgebung ein. Nur ein Jahr später entwickelte der US-Amerikaner Paul Lauterbur die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT), die ohne Röntgenstrahlung auskommt. Er wurde dafür zusammen mit dem britischen Wissenschaftler Peter Mansfield 2003 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Auch der Ultraschall wird seit den 70er Jahren in der bildgebenden Diagnostik eingesetzt. „Diese Entwicklungen haben dazu geführt“, so Hamm, „dass die Diagnostik bei den Patienten schneller und deutlich schonender geworden ist.“

Allerdings ist Hamm ein Punkt besonders wichtig: „Die Radiologie ist zwar ein technikorientiertes Fach aber kein technisches Fach“. Radiologen, so Hamm weiter, seien in erster Linie Ärzte, die Technik für die Diagnostik einsetzen. Sie entscheiden, welches der verschiedenen Verfahren am besten geeignet ist, um möglichst schnell zur Diagnose zu kommen. Um Fortschritte zu erzielen sind daher Innovationen sowohl im medizinischen als auch im gerätetechnischen Bereich nötig.

Auch das therapeutische Standbein der Radiologie wird beständig ausgebaut. Die so genannte interventionelle Radiologie hat sich seit ihren Anfängen in den sechziger Jahren ebenfalls rasant entwickelt. Die Überwachung mit radiologischen Verfahren gestattet es den Radiologen, minimal-invasive Eingriffe beispielsweise an den Gefäßen vorzunehmen.

Früherkennung und Vorsorge – das ist der entscheidend wichtige Trend in der modernen Radiologie. Bislang wurde die Bildgebung erst dann eingesetzt, wenn der Arzt erste Hinweise auf eine Erkrankung hatte. Ebenso sind die Radiologen gefragt, um den Verlauf einer Behandlung zu überprüfen. „Demnächst wird Bildgebung zunehmend dafür eingesetzt werden, um zu untersuchen, ob Patienten möglicherweise eine noch verborgene Krankheit haben“, prophezeit Hamm. Ein Beispiel dafür ist die Mammographie im Rahmen des Mammographie-Screenings. Eine anderes Beispiel ist die virtuelle Endoskopie des Dickdarms: Mit dieser Methode können Radiologen nach Polypen suchen, aus denen später ein Karzinom werden könnte. Auch Patienten mit unklaren Thoraxschmerzen können von den modernen Möglichkeiten der Radiologen profitieren: Die Untersuchung des Herzens mit bildgebenden Verfahren wie CT und MRT kann Patienten identifizieren, denen Herz-Kreislauf-Erkrankungen drohen.

Auch die Gerätetechnologie schreitet voran und gestattet inzwischen Untersuchungen, die vor wenigen Jahren nicht möglich waren. Ein Beispiel ist die Ganzkörper-Untersuchung, die Dank MRT zunehmend eingesetzt wird. Allerdings ist nicht in jedem Fall der „Ferrari“ aus dem radiologischen Geräte-park erforderlich: Natürlich bieten unter den CT-Geräten die so genannten 64-Zeiler der jüngsten Generation bei Patienten mit einem Polytrauma entscheidende Vorteile. Auch eine Herzuntersuchung ist mit 64 Zeilen am besten zu bewerkstelligen. Doch für eine virtuelle Endoskopie oder eine Standard-CT-Untersuchung der Lunge tun es auch Geräte, die bei einem Durchgang 16 oder 32 Schnittbilder liefern.

Die neuesten High-Tech-Geräte, davon geht Hamm aus, werden allerdings in der Zukunft nicht mehr in jeder Klinik und Praxis aufgestellt werden können. „Der Preis ist so niedrig, dass auch der minderbemittelte Arzt in der Lage ist, sich ein brauchbares Röntgeninstrumentarium zu beschaffen“ – so warb der Hersteller des „Diaphor R“ Anfang des 20. Jahrhunderts für sein Gerät. Solche Versprechungen können die Hersteller der modernen Geräte nicht mehr machen. Das neueste MRT-Gerät kostet 1,5 Millionen Euro.

Media Contact

Barbara Ritzert idw

Weitere Informationen:

http://www.awmf.org

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