Neu entdeckter Signalweg im Gehirn als Schutz vor Entzündungen

Wenn das Immunsystem aus Versehen den eigenen Körper angreift, entstehen so genannte Autoimmunkrankheiten. Eine der bekanntesten davon ist die Multiple Sklerose, bei der das Zentrale Nervensystem (ZNS) attackiert wird. Ein internationales Forscherteam mit Professor Heinz Wiendl von der Uni Würzburg hat einen neuen Mechanismus charakterisiert, dessen Aufgabe es ist, das ZNS vor Entzündungen zu schützen oder den Schaden zu begrenzen. Die Ergebnisse sind im „Journal of Neuroscience“ veröffentlicht.

Für den Beginn und das Fortschreiten einer Nervenentzündung spielen zwei Typen von Immunzellen eine wichtige Rolle: Die nur im Gehirn vorkommenden Mikroglia-Zellen und die T-Zellen. In den Entzündungsherden, die bei der Multiplen Sklerose auftreten, lassen sich enge Wechselwirkungen zwischen diesen zwei Zelltypen beobachten.

Die Mikroglia hat einen beachtlichen Einfluss, sie kann nämlich die Aktivität der T-Zellen regulieren. Einerseits kann sie große Mengen entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzen und damit die T-Zellen anfeuern. Andererseits ist sie auch dazu in der Lage, Entzündungen zu dämpfen, indem sie hemmende Botenstoffe produziert.

Damit eine T-Zelle aktiviert wird, muss sie immer zwei Signale bekommen. Eines ist ein spezifisches Signal über den Erkennungsrezeptor auf den T-Zellen, den so genannten T-Zell-Rezeptor. Ein zweites Signal erhält sie von so genannten kostimulatorischen Molekülen. „Erst jüngst wurde erkannt, dass diese Moleküle nicht nur stimulierende, sondern unter bestimmten Bedingungen auch hemmende Funktionen haben können“, sagt Wiendl, der seit Ende 2004 an der Neurologischen Klinik in Würzburg die Forschungsgruppe für Multiple Sklerose und Neuroimmunologie leitet.

Im „Journal of Neuroscience“ beschreibt der Professor mit Kollegen aus Deutschland, Kanada und den USA nun die Funktion des Kostimulationsmoleküls B7-H1. Demzufolge kurbeln die Mikroglia-Zellen als Antwort auf Entzündungsreize die Produktion dieses Moleküls stark an. Dadurch wird die Aktivität der T-Zellen gedrosselt.

Die Wissenschaftler sehen darin einen grundlegenden Mechanismus der Immunregulation im Zentralen Nervensystem. Unter krankhaften Bedingungen diene dieser Signalweg dazu, das Gehirn vor einer überschießenden Entzündung zu schützen. Aus diesem Grund komme er auch als Angriffspunkt für anti-entzündliche Therapiestrategien in Frage.

Weitere Informationen: Prof. Dr. Heinz Wiendl, T (0931) 201-23755 oder 201-23756 (Sekretariat), E-Mail: heinz.wiendl@klinik.uni-wuerzburg.de.

Tim Magnus, Bettina Schreiner, Thomas Korn, Carolyn Jack, Hong Guo, Jack Antel, Igal Ifergan, Lieping Chen, Felix Bischof, Amit Bar-Or, and Heinz Wiendl: „Microglial Expression of the B7 Family Member B7 Homolog 1 Confers Strong Immune Inhibition: Implications for Immune Responses and Autoimmunity in the CNS“, Journal of Neuroscience 2005 25: Seiten 2537-2546, DOI:10.1523/JNEUROSCI.4794-04.2005.

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Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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