Die Medikamente der Zukunft basieren auf Proteinen

Ein führender Pharmaforscher skizziert ein bis ins Jahr 2020 reichendes Zukunftsszenario der Medizin. Danach wird es bald möglich sein, eine Reihe von Krankheiten wesentlich zielgerichteter als bisher zu behandeln.

Die Bedeutung therapeutischer Proteine wird für die Medizin immens zunehmen. Davon zeigt sich Professor Klaus Strein, Leiter der Pharmaforschung von Roche Diagnostics, überzeugt. Der Grund für den “Boom” therapeutischer Proteine (TPs) basiere auf ihrer einzigartigen Fähigkeit, im Gegensatz zu herkömmliche Medikamenten, die auf “kleinen Molekülen” basieren, spezifisch an Rezeptoren “anzudocken”. Dies eröffne den Einstieg in ursächliche Behandlungen ohne wesentliche Nebenwirkungen.

Die bisher mit TPs erzielten Erfolgsraten seien sehr eindrucksvoll. Das liege unter anderem an der hohen spezifischen Bindung. Weitere Vorteile seien voraussagbare Blutspiegel in Verbindung mit einer lange Wirkungsdauer. “Wenn die Inhibition des Targets per se keine Nebenwirkungen verursacht, dann dürften diese Moleküle eigentlich kaum Nebenwirkungen verursachen”, konkretisiert Strein.

“Auslaufmodell” Chemotherapie

“In 10 bis 15 Jahren wird die Chemotherapie aus der Krebstherapie verschwinden”, prophezeit Strein. Zur Behandlung von Tumorerkrankungen kämen dann so genannte Konjugate zum Einsatz. Dies seien Antikörper, welche die toxische Substanzen gezielt in die zu behandelnden Zellen transportierten. Bei den Konjugaten binde man toxische kleine Moleküle an Proteine und transportieren diese spezifisch in die zu behandelnden Zellen. Strein: “Auf diese Weise läßt sich das Toxizitätsproblem lösen.”

Dem Forscher zufolge gibt es bereits eine Nischenindikation zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie. “Das ist eine kleines Indikationsgebiet, es zeigt uns aber, dass das Prinzip funktioniert”, sagt er. Natürlich stelle sich die Frage, weshalb die Forschung den Hebel zuerst bei einer Nischenanwendung ansetze. Das liege daran, dass es sich bei der akuten myeloischen Leukämie um einen hämatologischen Tumor handele, bei dem die Tumorzellen nicht als Zellhaufen vorliegen sondern als Einzelzellen im Blut verteilt seien. “Das erleichtert die Anwendung ungemein”, sagt er. Hinzu komme, dass diese Zellen absolut spezifische Rezeptoren besitzen, über die andere Zellen nicht verfügten. Für die wesentlich häufigeren Turmore – wie Lungen-, Brust- oder Darmkrebs – rechnet Strein damit, dass in zehn bis 15 Jahren Therapiemöglichkeiten mit Konjugaten möglich seien.

Ebenfalls in 10 bis 15 Jahren werde das Engineering von Antikörpern soweit fortgeschritten sein, dass eine effektive Behandlung von entzündlichen Krankheiten und Autoimmunerkrankungen ermöglicht werde. Konkret nennt Strein unter anderem Asthma, rheumatoide Arthritis und Multiple Sklerose. Die größte Attraktivität der Proteine biete deren Möglichkeit des “Engineering”. So könne man zusätzlich zum “Signalling” auch das Immunsystem stimulieren.

Media Contact

Rolf Froböse Rolf Froböse

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer