Gestresste Patienten sind wesentlich teurer

Stresskonzept muss Komponente der Erholung miteinbeziehen

Dass Stress die Kosten des Gesundheitssystems deutlich erhöht, zeigt eine aktuelle Studie eines Wissenschaftlers der Universität Graz. Wolfgang Kallus vom Institut für Psychologie hat festgestellt, dass Patientenorientierung und Wirtschaftlichkeit des Krankenhausmanagements kein Widerspruch sein müssen. Patienten in gutem Erholungszustand vor einer Operation genesen rascher und können die Intensivstation früher verlassen.

Der Forscher, der gemeinsam mit seinem Kollegen Thomas Uhlig von der Universitätsklinik Jena arbeitete, ist davon ausgegangen, dass ein modernes Stresskonzept die Komponente der Erholung mit einbeziehen müsse. „Um den Zusammenhang zwischen Stressbewältigung und der Genesung nach Operationen beschreiben zu können, ist es notwendig, die individuellen Möglichkeiten mit Stress fertig zu werden und die psychophysischen Ressourcen eines Menschen zu berücksichtigen.“ Es sei nämlich durchaus möglich, dass eine Person trotz negativer Voraussetzungen zur Stressbewältigung Gelegenheit zur Entspannung findet.

Kallus versteht unter „Stress“ einen Zustand, in dem der Gesamtorganismus aus dem Gleichgewicht gerät. Dies äußere sich nicht nur in einem negativen Befinden, sondern auch in Störungen des sozialen Verhaltens und der physiologischen Funktionen. „Solange die biologischen Rhythmen bei einem Menschen noch funktionieren, sind die Ressourcen noch nicht erschöpft und eine solche Person ist noch nicht gestresst“, erklärt der Psychologe. „Fast alles, was von außen kommt, wird innen gefiltert. Sind die Filter intakt, verhindern sie, dass Stressfaktoren einen Menschen aus dem Gleichgewicht bringen. Damit sie ihre Funktion aufrecht erhalten können, sind Erholungsprozesse notwendig“, führt der Experte aus. Zu den Voraussetzungen für ein positives Stressmanagement zählen soziale Kontakte und Beziehungen, Erfolg im Berufsleben und Selbstvertrauen. Einsamkeit, mangelnde Bestätigung und Ängste wirken sich negativ aus.

Der Forscher hat, um der Bedeutung von Stress und Erholung bei Operationen auf den Grund zu gehen, mehr als 1.000 Patienten im Grazer AKH befragt. Eine weitere Untersuchung an mehr als 100 Patienten wurde auch in Deutschland durchgeführt. Dabei gab es nach Aussagen von Kallus klare Resultate. „Stressmanagement spielt eine Rolle bei Operationen, wenn man die Fähigkeit zur Erholung mit einbezieht. Ein unausgeglichener Stress-Erholungszustand senkt die biopsychologische Fitness und erhöht das Risiko, länger auf der Intensivstation bleiben zu müssen, die Operation nicht so gut zu bewältigen, sich generell nachher viel schlechter zu fühlen als besser erholte Menschen“, erklärt Kallus. Der Wissenschaftler hält daher die Diagnostik einer mangelnden biopsychologischen Fitness vor einem Eingriff für sehr wichtig, um die Patienten optimal vorbereiten zu können. Dazu sollte, so der Experte, ein Fragebogen zum Befinden und Erholungszustand ausgefüllt werden. Dann könnte man das weitere Vorgehen von der Medikation bis zum Operationstermin individuell abstimmen. Besonders wichtig hält Kallus dies bei größeren Eingriffen wie Herz-, Gefäß- oder Hüftoperationen. Die Planung zum Wohle der Patienten würde sich auch für die Institution rechnen, denn erholte Menschen verbringen nach der Operation weniger Zeit im Aufwachraum und können die Intensivstation bis zu einem Tag früher verlassen.

Media Contact

Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.uni-graz.at

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