Die Menisken erhalten

Meniskusrisse und ihre Refixierung

Die Menisken spielen eine Wichtige Rolle in der Mechanik des Kniegelenks. Ihre wichtigste Funktion ist die Fähigkeit, die Inkongruenz der Gelenkflächen von Ober- und Unterschenkelknochen auszugleichen und dadurch die kraftübertragende Kontaktfläche wesentlich zu vergrößern. Die früher häufig praktizierte Teil- oder Totalresektion verletzter Menisken resultierte deshalb in einer Überlastung des Gelenkknorpels und damit meistens in einer frühzeitigen Arthrose. Das Wissen um die Unverzichtbarkeit der Menisken führte zu dem Bestreben, sie zu erhalten. Dabei zeigte sich, daß die Menisken auch heilen können, insbesondere wenn sich die Läsion in der durchbluteten Randzone befindet. Nahttechniken wurden entwickelt, die zu guten Heilungserfolgen führten, aber operationstechnisch schwierig und zeitaufwendig sind.

Neuere Entwicklungen basieren auf speziellen, meist resorbierbaren Implantaten, die eine einfachere und schnellere Refixierung von Meniskusrissen erlauben. Mit diesen Implantaten werden gute klinische Ergebnisse erzielt. Als wichtiger Parameter von Meniskusnähten und -implantaten wird häufig die Kraft angegeben, die notwendig ist, um die refixierten Meniskusfragmente in axialer Richtung des Implantats bzw. der Naht auseinanderzureißen. Die Ausreißkräfte gängiger Implantate und Nähte liegen zwischen 20 und 150 Newton. Welche Kräfte an der Nahtstelle von Implantat und Meniskus tatsächlich wirken und welche Spaltbreiten insbesondere in Meniskuslängsrissen auftreten, ist jedoch unbekannt. Dr. Lutz Dürselen und Arbeitsgruppe haben im Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik (Direktor Prof. Dr. Lutz Claes) der Universität Ulm untersucht, wie weit ein typischer Innenmeniskusriß unter verschiedenen Bewegungs- und Belastungsbedingungen aufklafft und ob ein gängiges Refixierungsimplantat dies ausreichend verhindern kann. Zu diesem Zweck wurden in vitro Experimente an Schweinekniegelenken durchgeführt. Ein neu entwickeltes Visualisierungsverfahren erlaubt die Beobachtung des Innenmeniskus durch eine transparente Kopie eines Teils der Gelenkflächen.

Die präparierten Schweinekniegelenke mit simulierten Meniskusrissen wurden in einen Kniegelenkbewegungs- und -belastungssimulator eingespannt und Beuge- bzw. Streckbewegungen unter verschiedenen äußeren Momenten wie z. B. Innen- und Außenrotation und verschiedenen axialen Gelenkbelastungen ausgesetzt. Bei der Beobachtung der während eines Bewegungszyklus auftretenden Spaltbreiten des Risses stellte sich heraus, daß abhängig von der Belastungssituation die maximalen mittleren Rißbreiten zwischen 0 und 1,5 mm betrugen. Am weitesten klaffte der Riß unter reiner Außenrotation des Unterschenkels auf, am wenigsten unter Innenrotation. Zunehmende Rißlänge bewirkte immer auch ein Vergrößerung der Spaltbreite. Die Wirkung axialer Gelenkkräfte hatte nur eine geringe Rißspaltverbreiterung zur Folge. Die Versorgung der Risse mit drei ClearFix-Meniskusschrauben, die durch eine geringe Ausreißkraft von nur 22 Newton gekennzeichnet sind, bewirkte eine deutliche Reduzierung der Spaltbreiten um durchschnittlich 37 %.

Aus den Ergebnissen und theoretischen Überlegungen konnte auf Kräfte im Implantat-Meniskus-Verbund von unter 10 Newton geschlossen werden. Daraus folgern die Wissenschaftler, daß der Parameter Ausreißkraft keine so große Bedeutung hat, wie bisher allgemein angenommen wurde. Folglich ist davon auszugehen, daß mit allen marktüblichen Implantaten die erforderliche Primärstabilität erzielt werden kann, um eine frühe freifunktionelle Rehabilitation zu ermöglichen. Eine vorübergehende Einschränkung der Außenrotation durch eine Schiene erscheint jedoch ratsam, um erhöhte Belastungen im hinteren Bereich des Innenmeniskus zu vermeiden. Festgestellt wurde aber auch, daß es bei Implantaten, die auf der Oberfläche des Meniskus auftragen, sei es durch einen konstruktionsbedingten Kopf oder eine ungenügende Versenkung im Meniskusgewebe, zu Knorpelschädigungen an den gegenüberliegenden Gelenkflächen kommen kann. Wenn eine möglichst frühzeitige Belastung und vollständige Beweglichkeit angestrebt wird, sind Implantate zu bevorzugen, die entweder keinen Kopf haben oder so interponiert werden (Anker/Faden-Modelle), daß die Gelenkflächen von der Verankerung unbeeinträchtigt bleiben.

Anläßlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie in Berlin hat die Arbeitsgruppe PD Dr. Lutz Dürselen, Dr. med. Alexander Hebisch, Prof. Dr. Lutz Claes, Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik der Universität Ulm, und Prof. Dr. Gerhard Bauer, Sportklinik Stuttgart, für ihre „Biomechanische(n) Untersuchungen zur chirurgischen Versorgung von Meniskusrissen“ den mit 7500 Euro dotierten Herbert-Lauterbach-Preis erhalten. Den Preis hat die Vereinigung Berufsgenossenschaftlicher Kliniken gestiftet. Er wird auf dem Gebiet der Unfallmedizin verliehen. Wesentliche Teile der prämierten Arbeit wurden in der Zeitschrift Clinical Biomechanics, 18 (2003), 6, 505-510 publiziert.

Kontakt: PD Dr. Lutz Dürselen, Tel. 0731-500-23489

Media Contact

Peter Pietschmann idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-ulm.de

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