Bisherige Theorie über das Down-Syndrom widerlegt

Studie an Mäusen findet komplexere genetische Wechselwirkungen

Eine kleine Gruppe von Genen, die lange für das Entstehen des Down-Syndroms verantwortlich gemacht worden war, dürfte laut neuesten Forschungserkenntnissen doch nicht ursächlich für die Behinderung sein. Die aktuelle Studie von der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore bedeutet schlechte Nachrichten für jene Forscher, die an Therapieansätzen arbeiten. Das berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature.

Das Down-Syndrom tritt bei einer von 700 Lebend-Geburten auf. Die überwiegende Mehrheit der Betroffenen weist drei komplette Kopien des Chromosoms 21 anstatt zweier auf. Aber eine kleine Gruppe von Personen mit Down-Syndrom haben nur bestimmte Anteile des Chromosoms 21 in dreifacher Ausfertigung. Obwohl dieses Chromosom über 200 Gene enthält, zeigt der Vergleich von Menschen mit kompletter und teilweiser Ausfertigung, dass die meisten Symptome des Syndroms von einer so genannten „kritischen Region“ des Chromosoms 21 verursacht werden, das nur etwa 30 Gene enthält. Diese Theorie hat sich die vergangenen 30 Jahre durchgesetzt.

Nun haben Forscher genetisch veränderte Mäuse verwendet, um die gängige Theorie zu widerlegen. Sie züchteten Mäuse mit einer, zwei und drei Kopien des Äquivalents von Mäusen für die kritische Gen-Region des menschlichen Chromosoms 21. Dann verglichen sie sichtbare, Down-ähnliche Eigenschaften dieser Tiere, wie Gesicht, Kopf und Wachstumscharakteristika, mit einem bekannten Maus-Modell für das Down-Syndrom. Das Team berichtete, dass Mäuse mit drei Kopien der kritischen Region nicht signifikant anders aussahen als Mäuse mit einer oder zwei Kopien dieser Gene. Sie zeigten auch nicht das charakteristische Gesicht und die Kopfform, die in dem etablierten Mäuse-Modell präsentiert werden.

Das beweist zumindest bei Mäusen, dass eine dreifache Ausfertigung von ein paar Genen nicht ursächlich an den Schlüsselfunktionen des Down-Syndroms beteiligt ist. Die Forscher sind davon überzeugt, dass ihre Erkenntnisse auch für Menschen gelten. Sie glauben, dass der Zustand von komplexen genetischen Interaktionen zwischen viel größeren Zahlen an verdreifachten Genen ausgelöst wird. „Die sehr vereinfachte Erklärung, die wir vorher hatten, war falsch“, so Studienleiter Roger Reeves von der Johns Hopkins University School. Anstatt nur ein Gen zu beobachten, empfiehlt er, das ganze Entwicklungssystem unter die Lupe zu nehmen. Solch ein komplexes System wechselseitiger Abhängigkeiten erschwert die Behandlung des Down-Syndroms, die auf einzelne Gene abzielt. Die Forscher sollten diesen Ansatz aber nicht völlig aufgeben, sagt David Nelson vom Baylor College of Medicine in Houston, Texas. „Das ist nur ein Teil der Geschichte. Es könnten wenige Gene für andere Aspekte des Down-Syndroms verantwortlich sein, beispielsweise für Herzfehler.“

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Marietta Gross pressetext.austria

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