Multiple-Sklerose-Studie bestätigt die Vorteile eines hoch dosierten, hoch frequenten Beta-Interferon-Regimens

Patienten mit rezidivierender-remittierender Multipler Sklerose (MS), die mit hoch dosiertem, hoch frequenten Interferon-beta-1b behandelt werden, sollten bei diesem Regimen bleiben und vermeiden, auf niedrig dosiertes, einmal wöchentlich verabreichtes Interferon-beta-1a umzusteigen, selbst bei Abwesenheit von klinischen oder MRT-bestätigten Anzeichen einer Krankheitsaktivität. Dies ist die Schlussfolgerung einer unabhängigen Studie, die in der Ausgabe von diesem Monat des „peer-reviewed“ Journal of the Neurological Sciences(1) veröffentlicht wurde.

San Luigi Gonzaga Hospital, Turin, Italien, und leitender Prüfarzt der Studie sagte, „Diese Daten bestätigen eindeutig den klinischen Nutzen von hoch dosiertem, hoch frequentem Beta-Interferon und zeigen die Risiken für MS-Patienten, auf ein niedriger dosiertes Regimen umzusteigen, selbst wenn ihre Krankheit in der Remissionsphase zu sein scheint. Diese Ergebnisse werden das Verschreibungsverhalten bei MS-Patienten weiter lenken, welche manchmal fragen, ob sie die Anzahl der Injektionen oder die Dosierung reduzieren können, sobald ihre Krankheit sich in der Kontrolle zu befinden scheint.“

Die Dosierungsreduktionsstudie mit Interferon-beta ist der Höhepunkt von fünf Jahren klinischer Forschung. Siebenundzwanzig Patienten, welche Interferon- beta-1b in einer Dosierung von 250 mcg (Betaferon(R)/Betaseron(R) als s.c. Injektion) über drei Jahre erhalten hatten und anhaltend über mindestens zwei Jahre keine Anzeichen von klinischer und per MRT bestätigter Krankheitsaktivität zeigten, wurden randomisiert und setzten entweder die Interferon-beta-1b-Behandlung (14 Patienten) fort, oder reduzierten allmählich ihre Dosis und wechselten auf einmal wöchentlich verabreichtes Interferon-beta-1a in einer Dosierung von 30 mcg (Avonex(R)) über ein Jahr (13 Patienten).

Die Ergebnisse zeigten auch, dass es signifikante klinische Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gab. Nur 23% von denjenigen Patienten, die an dem Interferon- beta-1a-Regimen festhielten, blieben frei von Rezidiven, im Vergleich zu 79% der Patienten, die Interferon-beta-1b erhielten (p=0.006). Weiterhin war die Rezidivrate signifikant höher in denjenigen, die Interferon- beta-1a erhielten (p=0.03), und die Zeit bis zum ersten Rezidiv war signifikant kürzer (p=0.001). Fast ein Viertel (23%) derjenigen, die Interferon-beta-1a erhielten, litten unter anhaltender Krankheitsprogression, im Vergleich zu keinen Patienten, die unter Therapie mit Interferon-beta-1b standen. Die klinischen Ergebnisse wurden durch die Analyse von MRT-Scans bestätigt: die Anzahl Patienten ohne neue Protonendichte/T2-Läsionen war signifikant höher in der Gruppe, die kontinuierlich mit Interferon-beta-1b (77%) behandelt wurde, als in der Gruppe (23%), die mit Interferon-beta-1a behandelt wurde (p=0.04).

„Am Ende des Nachuntersuchungszeitraums der Studie“, sagte Prof. Durelli „wechselten alle 13 Patienten in dem niedrig-dosierten Arm zurück zu einem hoch dosierten, hoch frequenten Interferon-Regimen, weil die Krankheitsaktivität bei den meisten Patienten, welche das Interferon-beta-1a-Behandlungsprogramm erhielten, wiederkehrte“. Trotz des Anstiegs der Verabreichungs-Dosis und -Frequenz erreichten die meisten Patienten nicht mehr die ursprüngliche völlige Abwesenheit der Krankheitsaktivität (die Krankheitsstabilisierung, die sie vor der Randomisierung auf das niedrig dosierte Interferon-beta-1a-Regimen erzielten), sondern zeigten weiterhin klinische und per MRT-bestätigte Aktivität.

„Unabhängige, „Head-to-head“-Studien, wie z.B. die INCOMIN-Studie, bestätigen bereits die Überlegenheit von hoch dosierten, hoch frequenten Beta-Interferon-Regimen versus niedriger dosierten, niedriger frequenten Regimen,“ fügte Prof. Durelli hinzu. „Diese neu publizierten Daten zeigen, dass es sehr wichtig für MS-Patienten ist, mit einem hoch dosierten, hoch frequenten Interferon-Regimen fortzufahren.

Über die Studie

Die Studie wurde angespornt durch die Hypothese, dass, sobald MS mittels eines hoch dosierten, hoch frequenten Beta-Interferon-Regimens über viele Jahre kontrolliert werden kann, es möglich sein könnte, die nutzbringenden immunologischen und klinischen Effekte von Beta-Interferon mittels niedrigeren Dosen oder weniger häufigen Anwendungen aufrechtzuerhalten.

Patienten mit klinischer und durch MRT-bestätigter stabiler Krankheitsaktivität unter Interferon-beta-1b-Behandlung über mindestens drei Jahre wurden durch Randomisierung einer Gruppe zugeordnet, welche die Interferon-Beta-Dosis und -Anwendungsfrequenz reduzierte, wobei die Patienten auf eine einmal wöchtentlich verabreichte Interferon-beta-1a-Dosis von 30mcg umgestellt wurden und über ein Jahr nachuntersucht wurden.

Klinische und Labor-Messungen wurden alle drei Monate durchgeführt, und ein MRT-Scan wurde nach einem Jahr durchgeführt. Die klinische Evaluierung wurde auf einer „open-label“-Grundlage durchgeführt, MRT-Scans wurden von Neuroradiologen durchgeführt, die hinsichtlich der Behandlung und der klinischen Charakteristika der Patienten vollständig geblindet waren.

Während des Jahres unter Interferon-beta-1a-Therapie verschlechterte sich die klinische Aktivität signifikant, und obwohl sie sich während des nachfolgenden Jahres nach Umstellung auf eine hoch dosierte, hoch frequente Beta-Interferon-Therapie verbesserte, blieb die MRT-Aktivität bei einigen Patienten und erreichte nicht mehr das Stadium einer völligen Abwesenheit der Krankheitsaktivität, das sich nach drei Jahren chronischer Interferon-beta-1b-Behandlung zeigte. Die beeinträchtigte MRT-Antwort war nicht mit dem Auftreten von neutralisierenden Antikörpern gegenüber Interferon assoziiert.

Abschliessende Schlussfolgerung ist, dass die Reduktion der Beta- Interferon-Dosis und -Frequenz mit verstärkten Anzeichen von klinischer und MRT-bestätigter Krankheitsaktivität assoziiert sein kann. Weiterhin könnte ein Zurückgehen auf hoch dosiertes Interferon nur zu einer Teilverbesserung der Anzeichen der Krankheitsaktivität führen, was auf ein inhärentes Risiko von Praktiken der Dosisreduktion hinweist. Selbst solche Patienten, die geringe Stufen der Krankheitsaktivität zeigen, sollten bei Beta-Interferon mit hoher Dosis und hoher Verabreichungsfrequenz bleiben.

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Prof. Luca Durelli Universität von Turin

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