Dem Gehirn bei der Arbeit zuschauen

Das MEG zeigt die Aktivierung der für das Hören zuständigen Areale der Großhirnrinde

Auch in höherem Lebensalter ist das menschliche Gehirn entgegen früherer Sichtweise noch erstaunlich flexibel. Die Anpassung an externe Anforderungen lässt sich zum Beispiel besonders eindrucksvoll am Gehirn von Musikern darstellen, und zwar durch Messung von Magnetfeldern, die bei der Erregung von Nervenzellen entstehen. Untersuchungen zeigen, dass bei Musikern unter anderem die Areale der Großhirnrinde, die für das Hören zuständig sind, deutlich ausgeprägter sind als bei Nichtmusikern. Magnetenzephalographie (MEG) nennt sich das bildgebende Verfahren, das solche und andere spannende Untersuchungen zur Erforschung von Gehirnleistungen ermöglicht. Zu den weltweit führenden Forschungsstätten auf diesem Gebiet gehört das Institut für Biomagnetismus und Biosignalanalyse des Universitätsklinikums Münster (UKM). Am 1. Juni 2004 erfolgt hier die offizielle Übergabe des bundesweit ersten modernen Ganzkopf-MEG-Systems mit 275 Kanälen.

Mit diesem besonders leistungsfähigen Gerät kann die Magnetfeldverteilung der gesamten Gehirnoberfläche hochaufgelöst erfasst und die zeitliche Entwicklung der neuronalen Aktivierung im Bereich von Millisekunden genau verfolgt werden. Damit werden vollkommen neue Perspektiven für die Erforschung von Gehirnleistungen, wie Denken, Verhalten, Gedächtnis, Sprache oder Musik sowie möglicher funktioneller Störungen eröffnet. Rund zwei Millionen Euro kostet solch eine moderne und besonderes leistungsfähige Anlage. Für Münster waren die Kosten um zirka 400.000 Euro niedriger, weil die zur Durchführung der Messungen unverzichtbare magnetische Abschirmkammer hier bereits seit vielen Jahren vorhanden ist.

Mit der Einrichtung des weltweit ersten Lehrstuhls für Biomagnetismus und der Gründung des Instituts für Biomagnetismus und Biosignalanalyse haben die Universität und das Universitätsklinikum Münster die Voraussetzungen für den weiteren Ausbau dieses innovativen Forschungsbereichs in Münster geschaffen. Hervorgegangen ist das neue Institut aus einer gleichnamigen klinischen Forschergruppe am damaligen Institut für Experimentelle Audiologie, wo in der Vergangenheit bereits international anerkannte Pionierleistungen auf diesem Gebiet erbracht wurden. Mit der Berufung von Prof. Dr. Christo Pantev, der bislang als Lehrstuhl-Inhaber für kortikale Plastizität ( Fähigkeit des Gehirns zur steten Veränderung und Formbarkeit) an der Universität Toronto/Kanada tätig war, ist es der Universität Münster
gelungen, im August vergangenen Jahres einen der weltweit führenden Experten auf dem Gebiet des Biomagnetismus nach Münster zu holen.

Durch das neue Ganzkopf-MEG-System eröffnen sich vielfältige Forschungsprojekte die zu einem besseren Verständnis sowohl des gesunden als auch des erkrankten Gehirn führen sollen. So wollen die münsterschen Wissenschaftler beispielsweise untersuchen, wie Sprache im Gehirn verarbeitet wird, gleichzeitig aber auch den (vorübergehenden) Sprachverlust nach Schlaganfall oder anderen Hirnverletzungen sowie Möglichkeit der Rehabilitation. Weitere Beispiele sind die Erforschung der Neurobiologie des Lernens und mögliche Störungen im Zusammenhang mit Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen. Weitere Beispiele sind Projekte zum Thema Tinnitus, zur Neuorganisation des Gehirns nach Versorgung mit einem Cochlea-Implantat (elektronische Innenohr-Prothese). Bei all diesen Projekten wird das Institut für Biomagnetismus und Biosignalanalyse eng mit Vertretern anderer medizinischer Fachdispziplinen an der Universität und dem UKM, wie etwa der Neurologie, der Psychiatrie, der Radiologie und der Nuklearmedizin, der HNO und Pädaudiologie, zusammenarbeiten.

Der Schwerpunkt Neuromedizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster wird durch die Installation des modernen MEG-Systems und die Schaffung eines eigenen Instituts und Lehrstuhls für Biomagnetismus nachhaltig gestärkt. Es stellt eine wertvolle Ergänzung zu anderen bildgebenden Verfahren des Gehirns, wie etwa der Hochfeld-Magnetresonanztomographie dar und versetzt die münsterschen Forscher in die Lage, ihre bislang schon hervorragenden Forschungsleistungen im Bereich der Neuromedizin weiter auszubauen und sich im internationalen Wettbewerb bestens zu positionieren.

Media Contact

Jutta Reising idw

Weitere Informationen:

http://biomag.uni-muenster.de

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