Cluster-Kopfschmerz: Der Motor ist die "innere Uhr"

Eine Fehlregulation biologischer Rhythmen – der „inneren Uhr“ – ist der Auslöser des zwar seltenen, aber besonders qualvollen Cluster-Kopfschmerzes. Dies berichtet die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) in den aktuellen Kopfschmerz-News, den Fachinformationen für ihre Mitglieder. Patienten finden ab sofort aktuelle Informationen über Auslöser, Diagnostik und Therapie dieser Kopfschmerz-Form auf der Homepage der DMKG unter www.dmkg.de.

Der Cluster-Kopfschmerz ist zwar sehr selten – höchstens vier von 10 000 Menschen sind betroffen – dafür aber besonders qualvoll. „Dieser Kopfschmerz gehört zu den schlimmsten Schmerzen, unter denen Menschen leiden können“, weiß Dr. Arne May von der Neurologischen Klinik der Universität Regensburg.

Der Clusterschmerz, unter dem Männer häufiger leiden als Frauen, „sitzt“ hinter einem Auge und wird von weiteren Symptomen in der betroffenen Gesichtshälfte begleitet. Er tritt meistens episodisch auf, vor allem im Frühjahr und Herbst. Mehrwöchige aktive Phasen mit bis zu acht Attacken pro Tag, die jeweils eine halbe bis zwei Stunden dauern, wechseln sich mit schmerzfreien Phasen ab. „In der Attackenphase können die Patienten keine Nacht durchschlafen“, berichtet May.

Zwar ist diese Kopfschmerzart vergleichsweise einfach zu diagnostizieren. Weil sie jedoch selten ist, dauert es oft viele Jahre bis zumeist ein Kopfschmerz-Spezialist die korrekte Diagnose stellt und eine wirksame Behandlung einleitet.

Entzündungen an erweiterten Blutgefäßen im Gehirn galten bislang als Ursache der Pein. Doch der ausgeprägte zeitlich gebundene („zirkadiane“) Rhythmus der Attacken und das zyklische Auftreten der aktiven Phasen brachten die Forscher auf eine andere Spur: Möglicherweise, so ihre Hypothese, spielt bei dieser Kopfschmerzart die „innere Uhr“ eine Rolle.

Dass dieses zutrifft, konnte May in Zusammenarbeit mit britischen Kollegen nun mit einer Serie von ausgeklügelten Studien an Patienten und gesunden Probanden nachweisen: Untersuchungen mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) belegen, dass bei Cluster-Patienten während einer Attacke bestimmte Strukturen im Hypothalamus, dem Sitz der „inneren Uhr“ besonders aktiv sind. Aktiv war dieser „Motor“ des Cluster-Kopfschmerzes sowohl bei spontanen Attacken als auch bei Anfällen, die die Wissenschaftler durch eine Nitroglycerin-Behandlung bei Cluster-Patienten auslösten, die sich gerade in einer aktiven Phase befanden. Außerhalb dieser aktiven Phase konnte die Nitroglycerin-Behandlung weder eine Attacke auslösen noch den „Cluster-Motor“ im Hypothalamus anwerfen. Inaktiv blieb diese Gehirnregion auch bei gesunden Probanden, bei denen die Wissenschaftler einen experimentellen Kopfschmerz auslösten.

Erweiterte Blutgefäße sind Begleiterscheinung und nicht Ursache

Weitere Untersuchungen mit der so genannten Magnet-Resonanz-Angiographie (MRA) belegen darüber hinaus, dass erweiterte Blutgefäße im Gehirn offensichtlich eine unspezifische Begleiterscheinung von Kopfschmerzen sind: Sowohl bei Cluster-Attacken als auch bei experimentellen Kopfschmerzen sind die Hirnarterien erweitert. Auch bei der Migräne treten derartige Gefäßveränderungen auf. „Wir gehen daher davon aus“, erklärt May, „dass der Cluster-Kopfschmerz ursächlich durch eine Fehlfunktion der „inneren Uhr“ im Gehirn verursacht wird und die Gefäßveränderungen nur eine Folge dieser Störung sind.

Herkömmliche Schmerzmittel sind bei Cluster-Schmerz wirkungslos, da ihre Wirkung nicht schnell genug eintritt. Mittel der ersten Wahl ist das Migränemedikament Sumatriptan, weil der Patient es sich mit einem Autoinjektor unter die Haut spritzen kann. Etwa 70 Prozent der Patienten profitieren davon, wenn sie reinen Sauerstoff über eine Maske einatmen. Bei länger andauernden Cluster-Phasen setzen Kopfschmerz-Experten auch bestimmte Medikamente zur Prophylaxe ein.

Quellen:
Kopfschmerz-News 1/2001, Fach-Informationen für die Mitglieder der DMKG
May, A, Bahra A, Büchel C, Frackowiak RSJ, Goadsby PJ. PET and MRA findings in cluster headache and MRA in experimental pain.
Neurology 2000;55:1328-1335

Pressestelle:
Barbara Ritzert, ProScientia GmbH
Andechser Weg 17; 82343 Pöcking
Tel.: (08157) 93 97-0, Fax: (08157) 93 97-97
E-Mail: ritzert@proscientia.de

Rückfragen an:
Dr. med. Arne May, Neurologische Universitätsklinik, Universitätsstraße 84, 93053 Regensburg
Tel.: 0941-941-0, Fax: 0941-941-3075, E-Mail: arne.may@klinik.uni-regensburg.de

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Dipl. Biol. Barbara Ritzert idw

Weitere Informationen:

http://www.dmkg.de/

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