Vaskulitis-Register der Uni Lübeck preisgekrönt

Dr. Eva Reinhold-Keller


Aktuelle Presseinformation Kompetenznetz Rheuma, März 2001

Die Poliklinik für Rheumatologie des Universitätsklinikums zu Lübeck und die zugehörige Medizinische Krankenhausabteilung der Rheumaklinik Bad Bramstedt sind anlässlich des 125. Geburtstages der renommierten „Deutschen Medizinischen Wochenschrift“ (DMW) mit dem „Paul Boerner Preis“ ausgezeichnet worden. Dieser Preis, der im Jahr 2000 erstmals ausgeschrieben wurde und nach dem Gründer der Wochenschrift benannt ist, belohnt Initiativen, die wesentlich zur Verbesserung der medizinischen Versorgung beitragen. Das Zentrum Lübeck/Bad Bramstedt, das auch zum Kompetenznetz Rheuma gehört, erhält den Preis für die Etablierung eines Vaskulitis-Registers in Nord- und Süddeutschland. Das Engagement für dieses Register wird vor allem durch den Lehrstuhlinhaber für Rheumatologie und Direktor der beiden Abteilungen, Professor Dr. Wolfgang Ludwig Gross, und seine Oberärztin an der Medizinischen Krankenhausabteilung, Dr. Eva Reinhold-Keller, getragen. Der Preis selbst ist eine Plastik („Stufen“) des in Hamburg lebenden Künstlers Hubert Kiecol.

Primär-systemische Vaskulitiden sind entzündlich-rheumatische Erkrankungen, die Blutgefäße in letztlich allen Organen befallen können. Dazu gehören z. B. die Wegenersche Granulomatose, die Arteriitis temporalis oder das Churg-Strauss-Syndrom. Die Erkrankungen sind schwerwiegend, aber relativ selten, sie zählen zu den so genannten „Waisenkindern“ der Medizin. Vielerorts fehlen adäquate Versorgungseinrichtungen für die Patienten und über Häufigkeit, regionale Unterschiede und prädisponierende Faktoren ist wenig bekannt. Lübeck/Bad Bramstedt hat sich unter der Leitung von Prof. Gross innerhalb weniger Jahre zum deutschen Vaskulitits-Zentrum entwickelt und ist heute eine überregionale Anlaufstelle für Patienten mit diesen Erkrankungen. Prof. Gross hat als ausgewiesener Vaskulitis-Experte mit seiner Arbeitsgruppe zahlreiche Arbeiten zu diesen Krankheitsbildern publiziert.

1998 wurde vom Vaskulitis-Zentrum Lübeck/Bad Bramstedt das jetzt preisgekrönte Vaskulitis-Register etabliert. In diesem Register werden für eine Region von 5 Millionen Einwohnern – das gesamte Land Schleswig-Holstein und eine vergleichbare süddeutsche Region (Freiburg/Hochschwarzwald/Breisgau, in Kooperation mit dem Kompetenzzentrum Freiburg unter Leitung von Prof. Dr. Hans Hartmut Peter) – alle neu erkrankten Patienten mit primär-systemischen Vaskulitiden erfasst. Das weltweit einzigartige Register liefert erstmals zuverlässige Daten zu Neuerkrankungsraten, regionaler Verteilung und „Clustern“. Schon jetzt zeichnet sich z. B. eine größere Häufigkeit in städtischen gegenüber ländlichen Gebieten ab, wobei die Ursachen dafür noch unklar sind.

Das Register dient der frühzeitigen Aufklärung der Patienten, trägt zu einer besseren Versorgung bei und wird die ärztliche Fortbildung in diesem bisher vernachlässigten Bereich der Medizin beflügeln. Jeder neu erkrankte Patient bekommt ein Infopaket mit ausführlichen Informationen zu Krankheit, Behandlung und Komplikationen, wird auf die seit 1994 bestehende bundesweite Selbsthilfegruppe für Vaskulitispatienten hingewiesen und auf die standardisierte Vaskulitis-Schulung am Vaskulitiszentrum Lübeck/Bad Bramstedt. Die behandelnden Ärzte erhalten ebenfalls auf Wunsch Informationen zu Diagnostik und Therapie. Eine angeschlossene Fall-Kontroll-Studie erforscht Ursachen und Entstehung einer der Haupterkrankungsformen, der Wegenerschen Granulomatose. Dabei wird auch der Einfluss von Umweltfaktoren geprüft.

Erste Ergebnisse des Registers von 1998 und 1999 zeigen eine für Nord- und Süddeutschland nahezu identische jährliche Neuerkrankungsrate zwischen 41 und 55 Neuerkrankungen/1 Mio. Einwohner. Die häufigste Erkrankungsuntergruppe ist die Arteriitis temporalis, gefolgt von der Wegenerschen Granulomatose und den anderen Kleingefäßvaskulitiden, bei denen sich Autoantikörper gegen weiße Blutzellen (sog. ANCA: Anti-Neutrophilen Cytoplasma Antikörper) nachweisen lassen. Im Vergleich zu anderen Ländern sind ANCA-assoziierte Vaskulitiden in Deutschland (9/1Mio.) seltener als in Großbritannien (20/1 Mio.), aber häufiger als in Spanien (6/1 Mio.). Im Vergleich zu anderen Autoimmunerkrankungen sind diese Erkrankungen vergleichbar häufig wie der systemische Lupus erythematodes und doppelt so häufig wie die Multiple Sklerose.

Pressestelle Kompetenznetz Rheuma
Dr. med. Julia Rautenstrauch, Hermann-Hesse-Str. 4, 88427 Bad Schussenried
Tel.: 07583 3818, Fax: 07583 4440, E-Mail: Rautenstrauch@t-online.de

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Dr. Julia Rautenstrauch idw

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