SoFrüh – wirksame Maßnahme gegen Verhaltensauffälligkeiten im Kindesalter

Institut Arbeit und Technik entwickelt und erprobt ein soziales Frühwarnsystem in Herne (SoFrüh)

Ob Sprachschwierigkeiten, Aggressionen, Essstörungen oder Kontaktscheue – je früher Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern erkannt und behandelt werden, desto besser für das Kind, die Eltern, alle Beteiligten. Wie ein solches soziales Frühwarnsystem für Kinder im Vorschulalter entstehen und funktionieren kann, wird zurzeit in Herne entwickelt und erprobt. Das Projekt, das das Institut Arbeit und Technik (IAT/ Gelsenkirchen) im Auftrag des Fachbereichs Kinder-Jugend-Familie der Stadt Herne exemplarisch im Stadtbezirk Wanne durchführt, ist Teil eines vom nordrhein-westfälischen Familienministerium geförderten Modellvorhabens, in dessen Rahmen in sechs Städten ein Frühwarnsystem zur Erkennung und Bearbeitung von verschiedenen sozialen Problemen aufgebaut wird.

Denn Verhaltensstörungen der Kinder stören auch die Familie: Über 55 Prozent der betroffenen Eltern fühlen sich durch die Verhaltensprobleme ihrer Kinder belastet, ergab die Elternbefragung des IAT in 14 Wanner Tageseinrichtungen, die zusammen rund 1000 Kinder betreuen. Mit dem Kontakt zum Kindergarten ist die große Mehrheit der Eltern (92 Prozent) zufrieden und 64 Prozent erörtern auch Erziehungsfragen mit den Fachfrauen und -männern in der Kindertageseinrichtung; aber weniger als die Hälfte der Eltern spricht die ErzieherInnen im Kindergarten von sich aus auf Probleme im Verhalten ihres Kindes an. Wenn es um eine empfohlene Beratung oder Therapie geht, meinen 44,2 Prozent der Eltern „nein, wir kommen mit den Problemen allein klar!“

In über 82 Prozent der Fälle ist nach Einschätzung der Eltern das Problem des Kindes in der Kindertagesstätte bekannt. 62 Prozent meinen, dass die Erzieherinnen sich intensiv um das Kind und seine Probleme kümmern. Einer erschreckend großen Zahl von Eltern scheint das allerdings egal zu sein, 16,7 Prozent antworteten mit „weiß ich nicht“. Über 20 Prozent der Eltern meinen allerdings demgegenüber, dass sich um ihr Kind im Kindergarten zu wenig gekümmert werde.

Um die Früherkennung von Verhaltensproblemen zu verbessern, ist eine intensivere Zusammenarbeit aller örtlichen Stellen, die Kontakt mit Kindern und Eltern haben, notwendig. Dies war ein Grund dafür, weshalb in Kooperation mit diesen Stellen entsprechende Arbeitsmaterialien für die Tageseinrichtungen für Kinder entwickelt wurden. Resultat dieser Zusammenarbeit ist ein Institutionen-Handbuch über Therapie- und Beratungsangebote vor Ort.

Um die Tageseinrichtungen bei ihrer Arbeit zu unterstützen, wurden Instrumente zur Früherkennung entwickelt, etwa ein Ablaufschema zum Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten und ein Einschätzbogen für die Arbeit mit Kindern sowie eine Handreichung zum Datenschutz. Die „Herner Materialien zum Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern“ werden im Zeitraum November 2003 bis März 2004 in den Wanner Tageseinrichtungen auf ihre Praxistauglichkeit erprobt. „Wichtig bei der Entwicklung eines sozialen Frühwarnsystems ist die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Tageseinrichtungen für Kinder, Eltern, dem städtischen Fachbereich, freien Praxen, Erziehungsberatungsstelle und allen anderen Akteuren, die sich um das Wohlergehen von Kindern kümmern“, stellt Dr. Sybille Stöbe-Blossey fest.

Deshalb wird im Rahmen des Projekts über die Installation einer sog. „SoFrüh-Beratung“ als Ansprechpartner für Erzieherinnen nachgedacht. Die SoFrüh-Beratungsstelle soll darüber hinaus eine Mediatorenfunktion zwischen Eltern und Tageseinrichtung übernehmen, wenn Uneinigkeit über die jeweilige Maßnahme bezüglich der Verhaltensauffälligkeit eines Kindes besteht. Obwohl eine solche SoFrüh-Beratungsstelle von den IAT-Wissenschaft-lerinnen als äußerst sinnvoll erachtet wird, ist die Umsetzung aufgrund der angespannten finanziellen Haushaltslage sehr fraglich. Dabei könnte hier frühzeitig bildungsbenachteiligenden Faktoren und sozialen Folgekosten entgegengewirkt werden, die häufig die Konsequenz von Verhaltensauffälligkeiten sind.

Neben diesen Aspekten sollen außerdem Fortbildungsangebote der Stadt und der Träger ausgebaut und eine „kooperative“ Weiterbildung zwischen freien Praxen und Kindertagesstätten initiiert werden. Nach Abschluss der Projektphase will das Familienministerium die Ergebnisse und Materialien auch anderen interessierten Einrichtungen zur Verfügung stehen.

Fragen beantwortet:

Karin Esch, IAT, Tel. 0209-1707-283, Dr. Sybille Stöbe-Blossey, Tel. 0209-1707-130
Sarah Rusche, Stadt Herne, Fachbereich Kinder-Jugend-Familie, Tel. 02323-163533

Media Contact

Claudia Braczko idw

Weitere Informationen:

http://iat-info.iatge.de

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