Neuartige Grippe-Diagnostik

Neuer Ausgangspunkt für die Diagnostik von Influenza

Die Grippe – das klingt für uns so harmlos, ist es aber nicht, zumindest wenn es sich tatsächlich um die echte Grippe handelt. Über 20 Millionen Tote forderte allein die große Grippe-Epidemie, die Anfang des letzten Jahrhunderts wütete. Das Tückische am Influenza-Virus, dem Erreger der Grippe, ist seine Fähigkeit, in immer wieder neuen Spielarten aufzutreten. Nach überstandener Erkrankung oder Impfung ist man immer nur gegen diesen einen Typus immun, nicht aber gegen die nächste Variante. Diese Variabilität erschwert auch eine schnelle, zuverlässige Diagnostik. Ein australisches Forscherteam um Keith G. Watson und Jennifer L. McKimm-Breschkin hat nun einen neuen Ansatz für eine Diagnostik entwickelt, die unabhängig vom Virus-Typ auf Grippe ansprechen soll.

Influenza-Viren sind winzige Kügelchen von etwa 100 Nanometer Durchmesser. Auf der Oberfläche der Virenhülle tragen sie zwei charakteristische Enzyme. Eines der beiden, die Neuraminidase, spielt eine wichtige Rolle bei der Freisetzung neu gebildeter Viren aus befallenen Zellen. An diesem Enzym greift ein Grippe-Medikament an und hemmt so seine Tätigkeit, und zwar völlig unabhängig vom Virentypus. Dies könnte man auch für diagnostische Zwecke ausnutzen, war der Gedanke der australischen Forscher. Sie koppelten den Wirkstoff über eine lange Polymerkette, die als Abstandshalter fungiert, an Biotin-Moleküle. Das Biotin ist wiederum in der Lage, fest an das Protein Avidin, zu binden. Über diese Biotin-Avidin-Bindung fixierten die Forscher das Wirkstoffmolekül auf Avidin-beschichteten Platten. Wird nun eine Flüssigkeit, die Influenza-Viren enthält, auf die Platte gegeben, bleiben die Viren wie an einer Leimrute an den Wirkstoffmolekülen hängen. Dabei ist der Abstandshalter zwischen Biotin und Wirkstoff ganz wichtig: Erst ab einer bestimmten Länge können die Viren festgehalten werden, da sonst der Abstand zur Platte zu gering ist und die Viren nicht genug Platz haben. Wirkstoffmoleküle, die nur an einer kurzen „Leine“ hängen, binden keine Viren. Alternativ ist es möglich, den Wirkstoff über einen Abstandshalter direkt an kleine Kunststoffkügelchen zu koppeln. Unter dem Elektronenmikroskop erkennt man, wie diese Kügelchen in Anwesenheit von Influenza-Viren zu größeren Aggregaten verklumpen.

„Unsere Methode, Viren über einen Wirkstoff einzufangen, könnte die Basis für eine neuartige, vom Virustyp unabhängige Grippe-Diagnostik sein,“ sagt Watson.

Kontakt:

Prof. Dr. Keith G. Watson
Structural Biology Division
Walter & Eliza Hall Institute of Medical Reseach
1G Royal Parade, Parkville
Victoria 3050, Australia
Fax: (+61) 3-9662-7101
E-mail: kwatson@wehi.edu.au

Media Contact

Dr. Renate Hoer idw

Weitere Informationen:

http://www.angewandte.org

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer