Internationale Studie zeigt überzeugende Ergebnisse mit dem Diabetes-Medikament Acarbose

Immer nach dem Mittagessen war Jochen S. keine Freude für seinen Arbeitgeber: Vor Müdigkeit und Schwindel tränten ihm die Augen, nichts ging mehr am PC und Schreibtisch des Sachbearbeiters. Und dann das Gerenne zur Toilette. Von wegen Stress und Blasenschwäche. Mit der Diagnose hatte er nicht gerechnet. Jochen S. leidet an der Diabetes-Erkrankung vom Typ 2, im Volksmund auch Alterszucker genannt. Mit dem hat heute jeder zwanzigste Deutsche zu kämpfen. Nach Schätzungen der Deutschen Diabetes-Gesellschaft wird es in zehn bis zwanzig Jahren sogar jeden Zehnten treffen, darunter immer häufiger übergewichtige Jugendliche. Dass es nicht so weit kommen muss, lässt eine internationale, unabhängige Studie hoffen, die kürzlich in der renommierten Medizinzeitschrift „The Lancet“ erschien.

Darin werden Risikofaktoren und deren Einfluss auf die Entwicklung von Diabetes untersucht. Denn nicht selten hat sich klammheimlich eine so genannte Glukosetoleranzstörung quasi als Vorstadium des Diabetes entwickelt. Dann steigt vor allem nach dem Essen der Blutzucker, ohne dass jedoch ein richtiger Diabetes vorliegt.

Für die Fachwelt völlig überraschend kam in der Studie zutage, dass der bei der Behandlung von Diabetes Typ 2 etablierte Wirkstoff Acarbose schon im beschriebenen Vorstadium seine segensreiche Wirkung entfaltet. „Bei Patienten, die einen gestörten Zuckerstoffwechsel haben, senkte er das Risiko, einen Diabetes vom Typ 2 zu entwickeln, um bis zu 36 Prozent“, erklärte der Leiter der Studie, Professor Dr. Jean-Louis Chiasson von der Universität Montreal in Kanada. Doch damit nicht genug: Auch typische Folgeerkrankungen traten bei regelmäßiger Einnahme von Acarbose viel seltener auf. So verringerte sich das Risiko, Bluthochdruck zu bekommen, um 34 Prozent. Die Häufigkeit von Herz- und Gefäßerkrankungen ging fast um die Hälfte zurück. Und die Gefahr eines Herzinfarktes durch Gefäßverschluss nahm sogar um 91 Prozent ab.

Nun eröffnet die Studie dem Präparat ein stark erweitertes Anwendungsgebiet. „Doch aufgepasst“, betont Professor Chiasson. „Allein auf Acarbose sollte sich niemand verlassen. Das A und O ist eine Änderung der Lebensweise.“ Denn Diabetes Typ 2 und der vorausgehende, gestörte Zuckerstoff-wechsel sind meist eine Folge von Übergewicht und Bewegungsmangel. Wer sich umstellt, hat gute Chancen, zu einem normalen Stoffwechsel zurückzufinden – ohne dann weiter Acarbose einnehmen zu müssen. Auch das ist ein Ergebnis der Studie.

Vor dem Hintergrund der neuen Daten sowie weiterer Studien ist es nach Professor Dr. Markolf Hanefeld, Dresden, unverständlich, dass in einem Entwurf der Positivliste Arzneimittel wie die Acarbose nicht enthalten sind. Er steht mit seiner Kritik nicht allein da: Auch Professor Dr. Hans-Willi M. Breuer, Görlitz, sprach sich vor der Presse dafür aus, dass Medikamente wie die Acarbose auch künftig erstattungspflichtig bleiben.

Ein dringlicher Rat zum Schluss: Übergewicht, Bluthochdruck oder zu hohe Cholesterinspiegel – Menschen, die solche Risikofaktoren aufweisen, sollten ihren Zuckerstoffwechsel genau testen lassen.

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