Grenzkontrolle im Gehirn!

Neuartiges Testsystem für die Blut-Hirn-Schranke entwickelt

Das NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen in Reutlingen hat in einem vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) geförderten Projekt zusammen mit der Bayer AG, der Grünenthal GmbH, der Knoll AG/Abbott AG, der Merz + Co. GmbH & Co. KG und der Schering AG ein neuartiges Testsystem zur Bestimmung der Blut-Hirn-Schrankengängigkeit von Substanzen entwickelt.

Die meisten Hirnbezirke von Säugetieren werden vor möglicherweise schädigenden Substanzen im Blut durch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke (BHS) geschützt. Diese wirkt wie ein selektiver Filter in den Blutkapillaren, der nur von bestimmten Molekülen leicht überwunden werden kann. Moleküle, die im Gehirn benötigt werden (z. B. Glucose) können den Filter auch mittels Trägerproteinen überqueren, die eine hohe Affinität für bestimmte Moleküle haben.

Die Funktion der BHS ist die Verhinderung des Eindringens von toxischen Molekülen in das Gehirn und sie ist für die Stabilität des inneren Milieus aus gelösten Salzen, Eiweißen und anderen Stoffen verantwortlich.

Problematisch ist die Schranke nur dann, wenn Stoffe, die eigentlich helfen sollen, nicht passieren können. Ob eine Substanz passieren darf oder nicht, entscheidet sich oft anhand von kleinen Veränderungen an Molekülen. Der Test auf die „Schrankengängigkeit“ ist also bedeutsam – und war bisher nur im Tierversuch oder in Zellkulturen möglich.

Das neu entwickelte Testsystem der Reutlinger beruht darauf, daß die Netzhaut im Auge ein Teil des zentralen Nervensystems ist und über dieselben Mechanismen zum Schutz des inneren Milieus wie das Gehirn verfügt. Im Auge wird diese Schrankenfunktion von den sogenannten Pigmentepithelzellen übernommen. Diese Zellen werden von den Forschern im Zellverband aus Schweineaugen von Tieren aus dem Schlachthof präpariert und direkt in einem Test eingesetzt.

Die Hauptvorteile des neuen Testsystems sind das Vorhandensein einer intakten und damit aktiven Schranke mit all ihren Trägerproteinen und die Einsparung von Tierversuchen.

Für die Medikamentenentwicklung bedeutet dies, daß Aussagen über die Hirngängigkeit potentieller Medikamente ohne jeglichen Tierversuch gemacht werden kann.

Media Contact

Dr. Nadja Gugeler idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer