Was Kopfschmerz und Depression verbindet

Heidelberger Studie zeigt: Kinder mit chronischen Kopfschmerzen leiden oft an psychischen Problemen und bedürfen einer besonderen Behandlung

Kinder und Jugendliche, die regelmäßig an Kopfschmerzen leiden, haben häufiger psychische Störungen als ihre beschwerdefreien Altersgenossen. Etwa ein Drittel zeigt zusätzlich Verhaltensstörungen und emotionale Probleme. Dies hat eine Studie der Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Franz Resch) gezeigt. Das Team um die Projektleiterin Dr. Rieke Oelkers-Ax und die Psychologin Ulrike Just empfiehlt eine zusätzliche Behandlung der psychiatrischen Symptome, um zu verhindern, dass die Kopfschmerzen chronisch werden. Diese Studie wurde auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes 2002 mit dem 2. Förderpreis für Schmerzforschung in der Kategorie „Klinische Forschung“ ausgezeichnet und wird 2003 in der internationalen Fachzeitschrift „Cephalalgia“ veröffentlicht werden.

Chronische Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten körperlichen Beschwerden im Kindesalter, mit zunehmender Tendenz. Schon im Kindergarten sind 20 Prozent davon betroffen; bis zum Ende der Grundschule haben mehr als die Hälfte aller Kinder diese Erfahrung gemacht. Meist gehören diese Kopfschmerzen zur Gruppe der Migräne oder der Spannungskopfschmerzen. Allen gemeinsam ist: Sie sollten frühzeitig, grundlegend und mit wirksamen Mitteln behandelt werden, um zu verhindern, dass Kopfschmerzen zum chronischen und stets gefürchteten Begleiter bis ins Erwachsenenalter werden, wie es derzeit bei etwa 60 Prozent der betroffenen Kinder und Jugendlichen der Fall ist.

Depression und Kopfschmerzen – ähnliche chemische Veränderungen im Gehirn

Kopfschmerzen können ein „Leitsymptom“ einer anderen Störung im Körper oder der Seele sein. Dahinter können sich viele Ursachen verbergen, z.B. Sehfehler, Entzündungen im Kopfbereich und der Niere, Sehfehler, Kieferfehlstellungen, aber auch Anspannung und Überforderung in Schule und Freizeit. Ein weiterer wichtiger Risikofaktor sind psychiatrische Erkrankungen, insbesondere Angstzustände und Depression. „Möglicherweise handelt es sich bei manchen Kopfschmerzen um eine andere Ausdrucksform einer depressiven Störung“, erklärt Ulrike Just. Genetische Veranlagung und Umweltfaktoren stören die Signalübertragung in den Gehirnzellen: Sowohl bei Depression als auch bei Migräne und Angsterkrankungen scheint ein Ungleichgewicht der Nervenübertragungsstoffe Noradrenalin und Serotonin im Gehirn beteiligt zu sein.

Die Heidelberger Wissenschaftler wollten wissen, wie man Kindern und Jugendlichen mit Kopfschmerzen am besten hilft und wie häufig darüber hinaus psychische Probleme bestehen. Dafür untersuchten sie insgesamt 128 Jungen und Mädchen im Alter von 6 bis 18 Jahren, die an Kopfschmerzen ohne erkennbare körperliche Ursache litten, klinisch und mit psychologischen Tests. Auch die Eltern wurden einbezogen. Etwa ein Drittel zeigten Verhaltensstörungen und emotionale Probleme, die einer Behandlung bedurften. Für den praktischen Arzt und den Kinderarzt dürfte es allerdings schwierig sein, diese Patienten zu identifizieren, da noch kein einfacher psychologischer Test zur Verfügung steht.

Wie kann Kindern mit chronischen Kopfschmerzen – mit oder ohne psychischen Problemen – geholfen werden? In einer weiteren Studie möchten die Heidelberger Wissenschaftler untersuchen, welchen Einfluss Beratungsgespräche auf den Verlauf der Erkrankung haben. Anhand der Ergebnisse sollen Therapieempfehlungen erarbeitet werden, die sich in der Praxis umsetzen lassen. Erste Erfahrungen zeigen, dass sich bei der Mehrzahl der Kinder und Jugendlichen die Zahl der Kopfschmerzattacken nach den Beratungen um mehr als die Hälfte vermindert hat.

Ansprechpartnerin:
Dipl.-Psych. Ulrike Just
Abteilung Kinder- und Jugendpsychiatrie
des Universitätsklinikums Heidelberg
Blumenstr. 8
69115 Heidelberg

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw

Weitere Informationen:

http://www.med.uni-heidelberg.de

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