Krebs- und Thrombosetherapie: RUB-Mediziner stellt neue Technologie vor
Ob Chemotherapeutika oder Gerinnsel auflösende Medikamente – beide können jetzt hochdosiert durch die Gefäße strömen. Die sog. Perfusionstherapie im Extrakreislauf ist wirksamer und verursacht weniger Nebenwirkungen. Diese innovative, kostengünstige Technologie wurde jetzt von PD Dr. Achim Mumme (Chirurgische Universitätsklinik der RUB, Abteilung Gefäßchirurgie) zusammen mit der Jostra AG (Hirrlingen) für einen breiten Einsatz weiterentwickelt. Mumme hat das einfach zu bedienende Gerät nun erstmalig zur Chemotherapie einer Krebserkrankung am Bein eingesetzt. Auf der 44. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie in Mannheim berichtet der Mediziner heute über erste Erfahrungen mit dem Prototyp. Bereits 1998 erhielt der Gefäßchirurg den renommierten Theodor Naegeli-Preis für die Entwicklung dieser speziellen Perfusionstechnik.
Medikamente mechanisch einsetzen
Die neu entwickelte Technologie ermöglicht es, hoch wirksame Medikamente auf mechanischem Wege zielgenau zum Tumor oder Gerinnsel zu transportieren. Mithilfe spezieller Katheter, durch die erkrankte Stellen oberhalb und unterhalb abgeklemmt werden, können auch ganz kleine erkrankte Bereiche oder einzelne Organe zeitweise mit einem separaten Kreislauf versorgt werden. Die Herz- und Lungenfunktion des Kreislaufes übernimmt die kleine Maschine. Ein Gesamteingriff in den Organismus ist nicht mehr notwendig. Dank modernster Technologie ist die Organperfusion einfach durchführbar. Spezielle herzchirurgische Kenntnisse sind nicht mehr erforderlich.
Nebenwirkungen vermeiden
Bislang konnten Ärzte bei Therapien mit hoch wirksamen Medikamenten (Chemotherapeutika, Fibrinolytika) nur ungenügend helfen, da diese aufgrund von Nebenwirkungen lediglich sehr gering dosiert werden konnten. Bei der üblichen Therapie verteilen sich die Medikamente im gesamten Körper. Nur ein geringer Anteil der Medikamente wirkte dort, wo sie auch benötigt wurden. Im übrigen Körper konnten die Medikamente Schaden anrichten. Mediziner forschten daher seit mehr als zwanzig Jahren intensiv nach „intelligenten“ Medikamenten, die ausschließlich in kranken Organen wirken – jedoch ohne durchschlagenden Erfolg.
Herz-Lungen-Maschine zweckentfremdet
Eine Herz-Lungen-Maschine wird üblicherweise bei Operationen am Herzen eingesetzt. Während der Operation des stillgelegten Herzens übernimmt die Maschine deren Pumpfunktion und hält damit den Blutkreislauf aufrecht, während die künstliche Lunge das Blut mit dem notwendigen Sauerstoff versorgt. Der RUB-Mediziner hat die Herz-Lungenmaschine zweckentfremdet: Einzelne Organe oder Extremitäten werden vom übrigen Körperkreislauf isoliert und mit einem separaten Kreislauf versorgt. In diese können Mediziner nun beispielsweise Chemotherapeutika geben, die nur im isolierten Organ, nicht aber im übrigen Körper wirken sollen. Während damit die Nebenwirkungen außerhalb des Kreislaufs ausgeschlossen sind, werden im künstlichen Kreislauf die Medikamente entsprechend extrem hoch dosiert. Nachdem die Therapie beendet ist, kann der Arzt den künstlichen Kreislauf wieder entfernen.
Kostengünstige Technologie
Bislang mussten die Mediziner für dieses Verfahren die komplizierten, kostenintensiven Herz-Lungen-Maschinen aus der Herzchirurgie verwenden, so dass diese Therapie auf wenige Zentren beschränkt blieb. Die neue Technologie, die lediglich ca. 20.000 Euro kosten wird, wird es jedoch ermöglichen, die sogenannte Organperfusion ohne großen Aufwand durchzuführen – sogar bei niedergelassenen Internisten.
Weitere Informationen
PD Dr. med. Achim Mumme, Chirurgische Universitätsklinik, Abteilung Gefäßchirurgie, St. Josef-Hospital Bochum, Gudrunstraße 56, 44791 Bochum, Tel: 0234-509-2270, Fax: 0234-509-2272, E-Mail: Achim.Mumme@ruhr-uni-bochum.de
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