Schwerhörigkeit – Häufige Ursache von Depressionen

Falsche Akzente der Sozialversicherungen in der Hörrehabilitation

In einem vielbeachteten Beitrag der Schweizerischen Medizin-Zeitung über die lebenswichtige Früherkennung von Depressionen weist Prof. Dr. F. Müller-Spahn von der Psychiatrischen Universitätsklinik Basel darauf hin, dass Erkrankungen des Bewegungsapparats sowie Einschränkungen des Hör- und Sehvermögens häufig zu Depressionen führen. Diese würden oft nicht erkannt.

Selbst in der Arztpraxis liege die Quote der diagnostizierten Depressionen bei knapp 50 Prozent, obwohl es sich um ein sehr häufiges Leiden handle. Untersuchungen hätten gezeigt, dass bis zu 25 Prozent der Patientinnen und Patienten, die einen Allgemeinpraktiker aufsuchen, an Depressionen unterschiedlicher Schweregrade litten. Bei älteren Patienten dürfte diese Quote eher noch höher liegen.

Die Folgen einer nicht erkannten Depression sind vielfältig: Verlust an Lebensqualität, zunehmende soziale Isolierung, erhöhte Anfälligkeit für somatische Erkrankungen und Selbsttötungen sowie eine Zunahme finanzieller Lasten. Letzteres insbesondere dann, wenn die Depressionen nicht erkannt werden und verschiedenste überflüssige wie auch nutz- und erfolglose Behandlungsversuche nach sich ziehen.

Diese Feststellungen decken sich mit den Resultaten einer Untersuchung, die die Universität Maastricht zur Frage des Kosten/Nutzen-Verhältnisses der Hörrehabilitation durchführte. Dabei wurde die Befindlichkeit von Schwerhörigen untersucht, die erfolgreich mit Hörgeräten versorgt worden waren – durch einen Vergleich der Situation vor und nach der Rehabilitation. Viele Patientinnen und Patienten berichteten, dass sich ihr früherer, hoher Konsum an Psychopharmaka nach der Anpassung von Hörgeräten drastisch verringert oder ganz erübrigt habe.

Aus diesen Feststellungen lässt sich der Schluss ziehen, dass es eine beträchtliche Dunkelziffer an Personen gibt, die wegen ihrer unbehandelten Hörverluste unter Depressionen leiden. Diese Befindlichkeitsstörungen nehmen oft einen chronischen Verlauf und haben die Tendenz, sich weiter zu verschlimmern, ohne dass ihre eigentliche Ursache entdeckt wird: der oft schleichend verlaufende Abbau des Hörvermögens. Daraus erwachsen den Krankenkassen und Sozialversicherungen letztlich Milliardenkosten, die durch eine systematische Erfassung von Hörstörungen stark gemindert werden könnten.

Leider ist jedoch die Politik der letzteren unter dem Eindruck der leeren Kassen auf eine Vermeidungsstrategie ausgerichtet: Dabei wird versucht, bei den Betroffenen möglichst wenig Anreize für eine Versorgung mit Hörgeräten zu schaffen. So ist es beispielsweise den Hörgeräte-Akustikern als Vertragspartner der IV und des Bundesamts für Sozialversicherung nicht gestattet, Reihenuntersuchungen durchzuführen und potenziell Betroffene direkt auf ein mögliches Hörproblem anzusprechen.

Diese Politik trägt dazu bei, dass mit der Diagnose und der Kompensation von Hörverlusten während mehrerer Jahre zugewartet wird – während sich die Rehabilitationschancen laufend verschlechtern. Denn je früher Hörverluste entdeckt und behandelt werden, desto besser sind die Aussichten auf eine erfolgreiche Rehabilitation und desto geringer die Gefahr, als Folge einer unbehandelten und sich verschlimmernden Schwerhörigkeit in Depressionen zu verfallen.

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Beat Roggen pte.online

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