Netzhautschäden im Auge sichtbar machen


Laseruntersuchung bei Patienten / Medikamente gegen Makuladegeneration?

Das Auge ist das Fenster zur Welt. Doch ob wir sie scharf und in all ihrer Farbenpracht wahrnehmen können, entscheidet allein ein winziger, gelber Fleck am Augenhintergrund. In der „Makula“ sind Millionen von zapfenförmigen Sehzellen angesiedelt, die auf Farben ansprechen. Die restliche Netzhaut, die das Augeninnere wie ein Fotofilm umspannt, enthält hauptsächlich nur stäbchenförmige Sinneszellen, die verschwommene Schwarz-Weiß-Bilder liefern.

Erkrankungen der Makula bedrohen das Sehvermögen. Mit dem Alter nehmen sie dramatisch zu, und jeder Vierte über 50 Jahren weist mehr oder weniger starke Veränderungen im gelben Sehfleck auf. In Deutschland leiden bereits etwa 2 Millionen Menschen an der altersabhängigen Makuladegeneration, der häufigsten Ursache für eine Erblindung in allen Industrienationen. Die Betroffenen können ihr Leben nicht mehr selbstständig bewältigen, nicht mehr Lesen oder Gesichter erkennen. Eine wirksame Vorbeugung und Behandlung gibt es bislang nicht, doch lassen Forschungsergebnisse eines Schwerpunktprogrammes der Deutschen Forschungsgemeinschaft hoffen, dass in absehbarer Zeit neue Therapiekonzepte greifen können.

Ablagerungen zerstören Zellschicht und geben fluoreszierende Strahlen ab

Koordinator des Programms, an dem Forschergruppen mehrerer deutscher Universitäten teilnehmen, ist Privatdozent Dr. Frank Holz, Oberarzt an der Heidelberger Universitäts-Augenklinik. Ein wesentlicher Fortschritt ist die Entwicklung eines neuen Verfahrens in Heidelberg, das die Netzhautschäden und ihre Vorstufen beim Patienten unmittelbar sichtbar macht, die „konfokale Scanning-Laser-Ophthalmoskopie“.

Eine Schlüsselrolle für die Makuladegeneration spielt das retinale Pigmentepithel (RPE) der Netzhaut. Die einlagige Zellschicht liegt zwischen den Sehzellen und der darunter liegenden Aderhaut. Das Pigmentepithel versorgt die empfindlichen Sinneszellen mit Sauerstoff und Nährstoffen und räumt ständig verbrauchte, lichtempfindliche Scheibchen der Sinneszellen aus dem Wege. Mit dem Alter erlahmen die Kräfte der Pigmentepithelzellen, die ihre vielfältigen Funktionen über eine ganze Lebensspanne hinweg ausüben müssen und sich normalerweise nicht mehr teilen, also „verjüngen“ können. Diese Überforderung mit dem Alter zeigt sich in der Ansammlung von „Lipofuszingranula“, einer Art Müllsäcke in den Zellen, und an seiner Außenfläche in Form großer Abfallberge, sogenannter Drusen.

„Neue Ergebnisse zeigen, dass Lipofuszingranula toxische Substanzen enthalten“, erklärt Dr. Holz. Dadurch wird sowohl die Funktion des Pigmentepithels, als auch der Sinneszellen mit dem Alter beeinträchtigt. „Mit dem konfokalen Scanning-Laser-Ophthalmoskop können wir erstmals beim Patienten feststellen, wie weit die Veränderungen im Pigmentepithel der Netzhaut und die Erkrankung fortgeschritten ist,“ sagt Dr. Holz. Dabei machen sich die Wissenschaftler eine Eigenschaft des unerwünschten Lipofuszins zunutze: Es gibt fluoreszierende Strahlen ab. Diese werden von dem Laserophthalmoskop abgetastet, gemessen und in Form von Landkarten des Augenhintergrunds wiedergegeben. „Mit dieser Methode können wir Makulaerkrankungen bereits in einem frühen Stadium feststellen“, erklärt Dr. Holz. Dies gilt auch für erbliche Formen der Makulaerkrankung, deren Gene zum Teil bekannt sind.

Vorsorgemaßnahmen gibt es bislang kaum. Dringend empfohlen wird auf jeden Fall, das Rauchen aufzugeben, das ein eindeutiger Hochrisikofaktor darstellt. Auch zu hoher Blutdruck sollte medikamentös eingestellt werden. Die Einnahme von Vitaminen und Zink, dies hat gerade eine Studie gezeigt, kann bei bestimmten Formen der Erkrankung das Fortschreiten hinauszögern. Nur bei der sogenannten „feuchten“ Makuladegeneration kann eine Laserbehandlung oder ein chirurgischer Eingriff in Erwägung gezogen werden: Hier sind es vor allem wuchernde Blutgefässe, welche als Reaktion auf die Ablagerungen wachsen und die Zellen des Sehflecks zu zerstören können, und deren Wachstum bspw. durch Laserbestrahlung eingedämmt werden kann.

Neue Medikamente gegen Ablagerung von toxischen Stoffen – Licht am Ende des Tunnels

Ein medikamentöse Therapie, die wirksam das Fortschreiten der viel häufigeren „trockenen“ Alters-Makuladegeneration verhindert, soll sich gegen die Anhäufung des Lipofuszin-Abfalls in den Pigmentzellen richten. „Zunächst müssen wir untersuchen, wie diese Granula zusammengesetzt sind“, sagt Dr. Holz, dessen Arbeitsgruppe derzeit entsprechende Analysen – auch aller Eiweißmoleküle (Proteomanalyse) – in Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe des Deutschen Krebsforschungszentrums durchführt. Die Mechanismen, wie einer der Hauptbestandteile des Lipofuszins, das sog. A2-E, wesentliche Zellfunktionen beeinträchtigt, konnten in den letzten Jahren bereits weitgehend aufgeklärt werden. Mit diesem besseren Verständnis über die genauen Vorgänge in der Zelle werden jetzt Substanzen untersucht, die eingreifen, bevor es für die normalen Zellabläufe zu spät ist und die Prozesse angestoßen werden, die zum Verlust des Sehens führen. Mit der Kenntnis weiterer molekularer Bestandteile und ihrer Bildung kann die Suche nach Wirkstoffen erweitert werden, die eine Anhäufung der Abfallprodukte verhindern oder ihren Abbau stimulieren.

Ansprechpartner:
Priv.-Doz Dr. Frank Holz
Universitäts-Augenklinik
Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg
E-Mail: Frank_Holz@med.uni-heidelberg.de

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Dr. Annette Tuffs idw

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