Nur wenige Parkinson-Patienten kennen plötzliche Schlafattacken
Im Jahr 1999 wurden fünf Fälle von Parkinson-Patienten bekannt, die Verkehrsunfälle verursacht hatten: Sie alle waren völlig unerwartet am Steuer eingeschlafen, hatten sich zuvor nicht einmal müde gefühlt. Bei dieser Erscheinung handelt es sich offenbar um ein Problem, das nur wenige Parkinson-Kranke betrifft. Das hat eine Untersuchung ergeben, an der sich fast 7.000 Patienten aus ganz Deutschland beteiligten.
Seit den fünf Fällen von 1999 wird darüber diskutiert, ob bestimmte Parkinson-Medikamente für die Schlafattacken verantwortlich sind und ob diese tatsächlich ohne vorherige Müdigkeit auftreten. Zum Teil wurden sogar generelle Zweifel an der Fahrtüchtigkeit von Parkinson-Patienten geäußert.
Aus diesem Anlass gab die deutsche Parkinson-Vereinigung eine deutschlandweite Befragung ihrer 12.000 Mitglieder in Auftrag. Durchgeführt wurde die Untersuchung vom Interdisziplinären Zentrum für Verkehrswissenschaften der Universität Würzburg und der Klinik für Neurologie der Universität Marburg. Die Rücklaufquote der Fragebögen lag bei stolzen 63 Prozent, und so konnten die Projektbearbeiterinnen Yvonne Körner und Charlotte Roth die Daten von fast 7.000 Patienten auswerten.
Es stellte sich heraus, dass 42 Prozent der Befragten ein plötzliches Einschlafen aus eigener Erfahrung kennen. Jedoch geben davon lediglich zehn Prozent an, dass dieses Wegnicken stets ohne vorherige Müdigkeit auftrete. Dabei handelt es sich vor allem um hochbetagte Menschen, vorwiegend Männer sowie Patienten mit einer schon weiter fortgeschrittenen Erkrankung.
„Ausführliche Analysen zum Schlafverhalten und zur Medikation zeigten, dass für diese Episoden weniger die Parkinson-Arzneimittel als vielmehr eine hohe Tagesmüdigkeit verantwortlich ist“, so der Würzburger Psychologe Prof. Dr. Hans-Peter Krüger. Die Tagesmüdigkeit sei vor allem darauf zurückzuführen, dass die Patienten nachts schlecht schlafen – bei Parkinson ein häufiges Problem.
Laut Prof. Krüger sprechen die Befunde insgesamt nicht für die Existenz von echten Schlafattacken. Es sei eher davon auszugehen, dass die Patienten auch bei einem völlig unerwarteten Einschlafen vorher müde sind, dass sie aber diese Müdigkeit nicht mehr wahrnehmen oder einschätzen können. Nur acht Prozent der Befragten mit Führerschein seien seit ihrer Erkrankung auch einmal am Steuer eingeschlafen.
Wie es weitergeht? „Jetzt sind Untersuchungen nötig, die zeigen, dass die Diagnose Parkinson nicht mit einer prinzipiellen Fahruntüchtigkeit gleichzusetzen ist“, sagt Krüger. Sicher könne jeder den Satz „Mobilität ist Lebensqualität“ unterschreiben, und gerade für kranke Menschen sei Mobilität noch viel wichtiger als für gesunde. Nach Einschätzung von Krüger wird es darauf hinauslaufen, dass lediglich ein Teil der Parkinson-Patienten nicht mehr oder nur noch eingeschränkt am Straßenverkehr teilnehmen sollte.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Hans-Peter Krüger, T (0931) 31-2653, Fax (0931) 31-2616, E-Mail:
krueger@psychologie.uni-wuerzburg.de
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