Forschungsergebnis der Bremer Uni: "Intelligenter Marknagel" verlängert Knochen

Dieses Modell des "Intelligenten Marknagels" ist bereits in der klinischen Erprobung.

Bremer Mikrosystemtechniker arbeiten mit Industriefirma an Verfahren zur Heilung schwieriger Knochenbrüche. Ergebnis: Der „intelligente Marknagel“ kann bei Knochenbrüchen mit einhergehendem Knochenverlust dem Knochen wieder zu seiner ursprünglichen Größe verhelfen.

„Normale“ Knochenbrüche verheilen in vier bis sechs Wochen. Doch bei komplizierten Brüchen reicht ein Gips-Verband nicht aus: In schmerzhaften Operationen wird versucht, den Knochen wieder zu richten. Doch was tun, wenn bei schweren Motorrad- oder Autounfällen ganze Knochenteile wegbrechen? Bislang konnten Ärzte und medizinische Ausstattung hier wenig ausrichten; eine lebenslange Behinderung war oftmals die Folge. Jetzt ist Hilfe in Sicht: Bremer Mikrosystemtechnikern unter Leitung von Professor Rainer Laur vom Institut für Theoretische Elektrotechnik und Mikroelektronik der Universität Bremen (ITEM) arbeiten mit der Firma Wittenstein Motion Control, Igersheim an einem „Intelligenten Marknagel“, der Knochenbrüche mit einhergehendem Knochenverlust wieder zu seiner ursprünglichen Größe verhilft.

Das Prinzip ist einfach: Der „Intelligente Marknagel“ wird ins Mark des betroffenen Knochen implantiert. Er besteht aus zwei Teilen, die ähnlich wie ein Teleskop langsam auseinandergefahren werden können. Die Bruchstelle erweitert sich und in dem entstehenden Zwischenraum bildet der Körper Knochenmaterial nach. Der „Marknagel“ ist mit einem eigenen Antriebssystem versehen. Über elektromagnetische Impulse, die von Außen an den Marknagel gegeben werden, verlängert sich der Nagel um etwa einen Millimeter pro Tag. Diese Prozedur kann schon am nächsten Tag wiederholt werden, so dass der Knochen in einer Woche um rund sieben Millimeter gestreckt werden kann. Das Verfahren kann insgesamt bis zu einer Streckungslänge von fünf Zentimetern wiederholt werden, was eine rund zweimonatige Behandlung erfordern würde. Nach einem Jahr wird der Nagel aus dem Knochenmark entfernt. Die „Intelligenz“ erhält der Marknagel durch Mikrosensoren und Mikroelektronik im Innern, die dem Arzt wertvolle Informationen über den Heilungsprozess drahtlos nach außen liefern, ohne dass Röntgenaufnahmen erforderlich sind.

Die Entwicklung des „Intelligenten Marknagels“ ist ein Projekt im Rahmen des Verbundprojekts „MODSYS“ zur Mikrosystemtechnik. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das ITEM mit insgesamt 400. 000 Euro. Das ITEM arbeitet bereits seit einigen Jahren an implantierbaren Mikrosystemen beispielsweise zur Druckmessung im menschlichen Auge. Der „Intelligente Marknagel“ wird frühestens in drei Jahren in die medizinische Erprobung gehen.

Die zentrale Aufgabe der Bremer Mikrosystemtechniker ist es, den Marknagel drahtlos von außen mit Energie zu versorgen und Informationen über den Heilungsprozess nach außen zu übertragen. Hierfür steht ein sehr begrenzter Raum zur Verfügung. „Der intelligente Marknagel ermöglicht künftig Heilungsprozesse bei schwierigen Knochenbrüchen auf eine relativ einfache Art und Weise, wie es bislang in der Medizin noch nicht möglich gewesen ist“, erklärt Professor Laur vom ITEM. „Auch in der Kieferchirurgie ist der Einsatz entsprechender Systeme für die Zukunft angedacht. Kurios ist, dass es schon interessierte Anfragen zu kosmetischen Anwendungen insbesondere aus dem asiatischen Raum gegeben hat: Anscheinend erhoffen sich hier einige Menschen die Chance auf eine künstliche Beinverlängerung“.

Weitere Informationen erteilt:

Universität Bremen
Institut für Theoretische Elektrotechnik und Mikroelektronik
Prof. Dr. Rainer Laur
Tel.: (0421) 218 2402
E-Mail: laur@item.uni-bremen.de

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Angelika Rockel idw

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