Erstmals künstlicher Knorpelersatz am Knie eingepflanzt

Ein Chirurgenteam aus Hannover hat weltweit erstmals menschliches Knorpelgewebe am Kniegelenk durch künstlichen Knorpel ersetzt.

Wie die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) kürzlich mitteilte, setzte das Team um Prof. Dr. Ulrich Bosch am 12. Juni das neuartige minimal invasive Verfahren bei zwei Patienten ein. Am Abend des Operationstages konnten beide nahezu schmerzfrei aufstehen, bereits Anfang Juli haben sie die Klinik verlassen.

„Die erste Operation bei einer 60-jährigen Patientin war aufgrund eines Knorpelverschleißes am Knie notwendig geworden. Mit herkömmlichen Behandlungsmethoden wäre es uns nicht gelungen, sie vor einer Teilprothese zu bewahren“, sagte Bosch. Der zweite Patient, ein 45-jähriger Mann, hatte über Jahrzehnte intensiv Sport getrieben und sich den Knorpelschaden durch Sportverletzungen zugezogen. Frühere operative Eingriffe hatten ihn nicht von seinen starken Schmerzen und seiner eingeschränkten Beweglichkeit befreien können.

„Bei der neuen Methode wurde über nur drei Zentimeter lange Hautschnitte der geschädigte Knorpel entfernt. In den darunter liegenden Knochen frästen wir eine etwa zehn Millimeter kleine Vertiefung und pressten die passgenauen Implantatzylinder hinein. So konnten wir eine glatte, widerstandsfähige Gelenkoberfläche herstellen“, erklärte der MHH-Unfallchirurg. „Für die Patienten sind die kurze, fast schmerzlose Einheilungsphase, die sofortige Belastbarkeit und schnelle Wiederherstellung ihrer Gehfähigkeit ein wirklicher Gewinn.“

Die großen Vorteile der neuen Methode laut Bosch: zum einen eine wesentlich kürzere Rehabilitation, zum anderen könnte künftig in vielen Fällen auch auf die Verwendung von körpereigenem gesundem Knorpelgewebe verzichtet oder ein erforderlicher Teilgelenkersatz hinausgezögert werden. Profitieren werden vor allem Patienten mit Knorpelschäden nach Sportverletzungen und Unfällen sowie an Knorpelverschleiß leidende Menschen, die für einen Kniegelenkersatz zu jung sind. Wird das Knorpelgewebe frühzeitig saniert, kann dies die Entstehung einer chronischen Gelenkerkrankung, einer Arthrose, verhindern; Folgekosten lassen sich vermeiden – ein wichtiger Aspekt angesichts der rund fünf Millionen Menschen, die allein in Deutschland von Gelenkverletzungen und Arthrosen betroffen sind.

Die Grundsubstanz des künstlichen Knorpelersatzes ist vergleichbar mit der von weichen Kontaktlinsen. Beide Produkte bestehen aus so genanntem Hydrogel, einem wasserspeichernden Kunststoff. Das neue Implantat ähnelt sehr dem menschlichen Knorpelgewebe: Es soll genauso weich und anpassungsfähig sein, gleichzeitig jedoch außerordentlich abnutzungssicher und kräftig. Zudem zeichnet es sich nach Angaben der Hannoveraner Mediziner durch eine hohe Gewebeverträglichkeit aus.

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