Darmbakterium schützt vor Entzündungskrankheiten

Ein Bakterienstamm, der natürlicherweise in der Darmflora des Menschen vorkommt, übt offenbar eine entzündungshemmende Wirkung aus, die das Entstehen und die Symptome von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen lindert.

Dies berichten Mediziner der Harvard Medical School im Wissenschaftsmagazin Nature. Verantwortlich für diesen protektiven Effekt sei das Zuckermolekül Polysaccharid A, welches von Bakterien des Typs Bacteroides fragilis produziert wird.

Untersuchungen an Mäusen zeigten, dass das Saccharid so auf die T-Lymphozyten – die körpereigenen Abwehrzellen – einwirkte, dass weniger entzündungsförderliche aber mehr entzündungshemmende Interleukine hergestellt werden. „Wir konnten so zum ersten Mal zeigen, dass ein von Darmbakterien produziertes Molekül im Tiermodell einen therapeutischen Effekt hat“, sagt Studienautor Denis Kasper.

Bereits vor drei Jahren hatte die Gruppe um Kasper herausgefunden, dass die Art B. fragilis bei Mäusen ohne Darmbakterien das Immungleichgewicht wiederherstellen konnte. Auch daran war das Polysaccharid A beteiligt. Bei diesen Versuchen konnten die Forscher gleichzeitig eine große Zahl bestimmter Immunzellen nachweisen, die vor Morbus Crohn schützen. Diese Beobachtung bildete den Anlass zur aktuellen Untersuchung. Hierzu verabreichten sie Mäusen in einer keimfreien Umgebung zunächst das Heliobacter hepaticus-Bakterium, was bei allen Versuchtieren zum Ausbruch einer Darmentzündung führte. Kombinierten die Wissenschaftler das entzündungsauslösende Bakterium mit dem extrahierten Bakterienzucker, zeigten sich keine Krankheitssymptome. „Aber dann war die Schlüsselfrage, ob das Polysaccharid essentiell zur Prävention einer Darmentzündung war und falls ja, wie der Effekt zustande kam“, erklärt Kasper. Die Antwort fanden die Wissenschaftler in den Interleukinen, den Botenstoffen des Immunsystems, die von den T-Lymphozyten ausgeschüttet werden.

Vorhergehende Studien hatten gezeigt, dass zwei Interleukine, IL-17 und IL-23, das Entstehen von Darmentzündungen begünstigen und bei derartigen Erkrankungen in großen Mengen im Körper vorliegen. Dementsprechend waren auch bei den erkrankten Mäusen die Spiegel der beiden Substanzen hoch. Bei denjenigen Tieren, die mit B. fragilis oder dem reinen Polysaccharid „geimpft“ wurden, fehlten diese Interleukine jedoch. „Wir begriffen, dass irgendetwas in den Zuckermolekülen die Entzündung verhindern muss, die Colitis ulcera und Morbus Crohn auslöst“, sagt Kasper. Die Forscher betrachteten daraufhin ein drittes Interleukin, das IL-10, welches übersteigerte Entzündungsreaktionen im Körper verhindert. Bei Gabe des schützend wirkenden Bakteriums in Verbindung mit einem Antikörper, der das IL-10 blockierte, erkrankten wiederum alle Mäuse an einer Darmentzündung. Daraus folgerten die Wissenschaftler, dass das Polysaccharid A die Immunzellen anregt, mehr Interleukin 10 zu produzieren, das wiederum die Darmentzündung unterdrückt.

Kasper und seine Kollegen raten dennoch dazu, mit den Ergebnissen vorsichtig umzugehen, da das Polysaccharid A wahrscheinlich nicht der einzige Faktor bei Darmentzündungen sei. Auch sei das B. fragilis-Bakterium nur eines von vielen Bakterien, das in der Lage sei Stoffe herzustellen, die einen Einfluss auf das menschliche Immunsystem haben. „Wenn man sich allein die Anzahl der Bakterien im Magen-Darm-Trakt ansieht, scheint das Potenzial, neue Moleküle zu entdecken, die bei einer ganzen Reihe von Krankheiten helfen können, sehr vielversprechend“, so Kasper. Ob das Polysaccharid A im Menschen aber den gleichen Effekt habe wie im Tierversuch, könne derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

Media Contact

Claudia Misch pressetext.austria

Weitere Informationen:

http://www.hms.harvard.edu

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