Kabellose Sehprothese

Zwölf Jahre lang arbeiteten Neuroinformatiker, Mikroelektroniker, Materialforscher und Mediziner an einer Sehprothese für Patienten, die ihr Augenlicht durch Erkrankungen der Netzhaut verloren haben.

Im September 2007 der Erfolg: In einer klinischen Studie mit sechs Patienten konnte das Team zweierlei zeigen: Eine komplett implantierbare Sehprothese ist technologisch möglich und sie ermöglicht den Patienten deutliche Sehwahrnehmungen. „Für normal sehende Menschen erscheint es wenig, für die Patienten ist es ein großer Schritt“, kommentiert Dr. Hoc Khiem Trieu vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen IMS in Duisburg.

„Die Patienten konnten nach Jahren der Blindheit – je nach Stimulation der Nervenzellen – von Lichtpunkten bis hin zu geometrischen Mustern berichten.“ Dr. Hoc Khiem Trieu war von Anfang an in diesem Projekt, das vom Bundes-ministerium für Bildung und Forschung BMBF gefördert wurde. Gemeinsam mit Dr. Ingo Krisch und Dipl.-Ing. Michael Görtz setzte er die Vorgaben der Mediziner und Materialforscher in ein Implantat- und Chipdesign um. Für ihre Arbeit erhalten die drei Wissenschaftler den Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2008.

„Ein Meilenstein war erreicht, als die Prothese endlich drahtlos funktionierte“, erklärt Dr. Ingo Krisch. Damit sie unsichtbar und ohne Kabelverbindungen nach außen funktioniert, war viel Detailarbeit nötig. „Die Entwürfe sind immer kleiner geworden, die Materialen flexibler, robuster und leistungsfähiger, so dass die Prothese jetzt bequem in das Auge passt“, berichtet Michael Görtz. Die Forscher nutzen eine Besonderheit der Erkrankung: Bei der Retinitis Pigmentosa sind die lichtempfindlichen Zellen zerstört, während die Verbindung der Nervenzellen zum Gehirn noch intakt ist.

Der Trick der Forscher: Sie überbrücken die Defekte der Netzhaut mit einer Sehprothese. Diese besteht aus dem Implantat und einem externen Sender, der in ein Brillengestell integriert ist. Hier werden die Reizmuster in geeignete Signale gewandelt. Über eine telemetrische Verbindung lassen sich Daten und Energie zum Implantat übertragen. Entsprechend den aufgenommenen Bildern werden dann im Auge die Zellen stimuliert. Mit dreidimensionalen Stimulationselektroden, die sich wie kleine Stollen auf die Netzhaut legen, werden die noch intakten Zellen kontaktiert.

Die EPI-RET GmbH, eine Ausgründung aus dem bisherigen konsortialen Projekt, will die Sehprothese in etwa drei Jahren auf den Markt bringen. Bis dahin soll eine neue klinische Studie mit dem endgültigen Produkt an ausgewählten Patienten abgeschlossen sein.

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Dr. Hoc Khiem Trieu Fraunhofer Gesellschaft

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