Stammzellen gegen tödliche Muskelschwäche


Die Diagnose „Muskeldystrophie“ bedeutet für die Betroffenen meist das Todesurteil. Einer von Dreitausend männlichen Neugeborenen leidet an der unheilbaren Erbkrankheit; der Krankheitsverlauf lässt sich durch Krankengymnastik und Medikamente lediglich verzögern. Wissenschaftler der Universität Bonn und des Kinderkrankenhauses von Pittsburgh, USA, haben nun spezielle Stammzellen isoliert, die in Mäusen mit Muskeldystrophie die Regeneration der geschädigten Muskelzellen verbessern können. Die Ergebnisse wurden jetzt im renommierten Journal of Cell Biology (Vol. 157 (5), S. 851-864) publiziert.

Die Wissenschaftler um den US-Forscher Dr. Johnny Huard und den Bonner Physiologen Professor Dr. Anton Wernig konnten einen speziellen Typ von adulten Stammzellen aus dem Muskel von Mäusen isolieren. Die Zellen können in Mäusen mit Muskeldystrophie degeneriertes Muskelgewebe besser ersetzen, als dies mit anderen Zellen bisher möglich war.

Die Stammzellen wecken Hoffnung auf effektivere Therapien degenerativer Muskelerkrankungen wie der Duchenne’schen Muskeldystrophie. Bislang hatten die Wissenschaftler bei Muskelzelltransplantationen vor allem mit der geringen Überlebens- und Vermehrungsrate der verfügbaren Zelllinien zu kämpfen; zudem rief das Transplantat meist eine hartnäckige Immunantwort hervor, die schließlich zum Untergang der neuen Zellen führte. „Wir sollten diese Befunde jedoch nicht überbewerten“, warnt Professor Wernig. „Der in der Maus gefundene Zelltypus wurde beim Menschen bislang noch nicht nachgewiesen.“ Im Rahmen eines EU-Projekts würden aber bereits entsprechende Untersuchungen durchgeführt.

An Muskeldystrophie erkranken fast ausschließlich Männer; aufgrund eines Gendefekts können die Betroffenen wichtige Eiweiße für den Muskelstoffwechsel nicht bilden. Das Muskelgewebe wird mehr und mehr abgebaut, so dass die Kinder meist schon vor dem zehnten Lebensjahr auf den Rollstuhl angewiesen sind. Schließlich werden auch Atem- und Herzmuskulatur in Mitleidenschaft gezogen; die Patienten versterben an Herzversagen oder Atemnot.

Abgesehen von der Bedeutung für Muskelaufbau scheint der gefundene Zelltypus noch viel weiter reichende Eigenschaften zu haben. „Anders als normale Muskelstammzellen aus Mäusen sind diese Stammzellen pluripotent“, erklärt Professor Wernig. „Sie können sich zu verschiedenen Gewebetypen entwickeln, beispielsweise auch zu Knorpelzellen.“ Die Zellen verlieren ihre vielversprechenden Eigenschaften auch nach mehreren Teilungen nicht. Auch aus anderen Geweben, vor allem aus Knochenmark, konnte man bereits derartige pluripotente adulte Stammzellen isolieren. Neben den embryonalen Stammzellen gelten sie als Hoffnungsträger für zukünftigen Organersatz.

Ansprechpartner für die Medien: Professor Dr. Anton Wernig, Institut für Physiologie der Universität Bonn, Tel.: 0228/287-2274, E-Mail: Wernig@physio.uni-bonn.de

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Frank Luerweg idw

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