Bessere Prognoseabschätzung bei Patienten mit akuter Leukämie

Die akute myeloische Leukämie (AML) ist die häufigste Form der akuten Leukämie im Erwachsenenalter. Seit langem gelten Veränderungen der Erbgutträger (Chromosomen) als die wichtigsten prognostischen Faktoren, um das Ansprechen auf eine Chemotherapie und die Heilungsaussichten vorherzusagen.

Etwa 50 Prozent der AML-Fälle weisen jedoch keine mit dem Lichtmikroskop nachweisbaren chromosomalen Veränderungen auf und werden als sogenannte AML mit normalem Chromosomensatz (Karyotyp) klassifiziert.

Wissenschaftlern der Abteilung für Hämatologie, Onkologie, Rheumatologie und Infektionskrankheiten des Universitätsklinikums Ulm und der Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) ist es gelungen, genetische Defekte innerhalb dieser Gruppe von AML mit normalem Karyotyp mittels molekulargenetischer Methoden zu entschlüsseln und diese auf ihre klinische Bedeutung hin zu untersuchen. Die Ergebnisse sind in der neuesten Ausgabe des „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht.

In der Studie wurden in mehr als 40 Zentren in Deutschland und Österreich über 800 Patienten mit AML und normalem Karyotyp auf Mutationen in verschiedenen Genen (NPM1, FLT3, CEBPA, MLL, RAS) untersucht. Geleitet wurde die Untersuchung im Rahmen der Deutsch-Österreichischen AML Studiengruppe (AMLSG) von Professor Dr. Hartmut Döhner, Abteilung Innere Medizin III der Universität Ulm und Professor Dr. Arnold Ganser, Direktor der MHH-Klinik für Hämatologie, Hämostaseologie, Onkologie und Stammzelltransplantation. Die Wechselbeziehung der molekularen Daten mit den klinischen Parametern wie dem Ansprechen auf die Chemotherapie und das Überleben der Patienten zeigte, dass bestimmte Genmutationen oder die Kombination verschiedener Mutationen (Genotypen) das Ansprechen auf Chemotherapie, die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls der Erkrankung und die Heilungschancen vorhersagen.

Darüber hinaus konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass Patienten mit prognostisch ungünstigen genetischen Veränderungen nach einer allogenen Knochenmark- oder Blutstammzell-Transplantation höhere Heilungschancen haben, während Patienten, deren Genotyp eine günstige Prognose vorhersagt, von dieser intensiven Behandlungsform nicht profitieren.

Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse aus dieser Studie erhebliche Auswirkungen auf die Behandlung von Patienten mit AML haben werden. Die Tatsache, dass die in der Studie identifizierten Genotypen in der neuen World Health Organization (WHO) Klassifikation der AML berücksichtigt werden, unterstreicht die Bedeutung der Ergebnisse.

Unterstützt wurden diese Untersuchungen unter anderem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Kompetenznetz „Akute und chronische Leukämien“ und das Projekt „IPD-Meta-Analysis: A model-based hierarchical prognostic system for adult patients with acute myeloid leukemia (AML)“), die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung, die Else Kröner Fresenius-Stiftung und die Wilhelm Sander-Stiftung.

Weitere Informationen gibt Ihnen gern Professor Dr. Arnold Ganser; Telefon (0511)-532-3021, E-Mail: ganser.arnold@mh-hannover.de.

„Gene Mutations and Outcome of Treatment in Cytogenetically Normal Acute Myeloid Leukemia“ – Studie zur prognostischen Bedeutung von Genmutationen bei der akuten myeloischen Leukämie erscheint am 1. Mai 2008 in der renommierten Zeitschrift New England Journal of Medicine (N Engl J Med 358:1909-18, 2008).

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Stefan Zorn idw

Weitere Informationen:

http://www.mh-hannover.de/

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