"Pankreaskrebs ist heute kein sicheres Todesurteil mehr"

Internationaler Kongress in Heidelberg: Fortschritte bei der Behandlung und genetischen Erforschung von Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse

Die Behandlung von Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) hat in den vergangenen 20 Jahren erhebliche Fortschritte erzielt. Auch die Diagnose „Pankreaskrebs“ bedeutet heute keineswegs mehr ein Todesurteil wie noch vor 30 Jahren. „Patienten profitierten erheblich davon, dass die Behandlung von großen, erfahrenen Zentren angeboten wird,“ sagte der britische Chirurg Prof. John W. Neoptolemos, Liverpool, bei dem Internationalen Pankreaskongress, der zur Zeit in Heidelberg stattfindet. So konnte die Zahl der Patienten, die an den Folgen der Operation sterben, in England von mehr als 50 Prozent auf zwei Prozent reduziert werden. Auch die Chemotherapie des Pankreaskarzinoms ist heute erfolgreicher. In einer großen europaweiten Studie mit mehreren hundert Patienten konnte gezeigt werden, dass „adjuvante“ Chemotherapie nach der Operation die Lebenserwartung verdoppelt. Allerdings, so räumten die Wissenschaftler ein, sterben nach wie vor die Mehrzahl der Patienten, deren Krebs Metastasen in andere Organe gestreut hat, innerhalb der ersten beiden Jahre.

Die Wissenschaftler blicken dennoch optimistisch in die Zukunft. „Wir kennen die genetischen Veränderungen beim Krebs und der chronischen Entzündung der Bauchspeicheldrüse“, erklärte Privatdozent Dr. Helmut Friess, Chirurgische Universitätsklinik Heidelberg. Nun wird mit Hochdruck daran gearbeitet, Marker zu finden und Tests zu entwickeln, mit deren Hilfe diese Erkrankungen frühzeitig und zuverlässig erkannt und der Krankheitsverlauf verfolgt werden kann. „Wir rechnen damit, dass in etwa fünf Jahren Tests zur Verfügung stehen werden,“ sagte Prof. Matthias Löhr, Medizinische Universitätsklinik Mannheim.

Weitaus häufiger als durch genetische Veranlagung wird die Pankreasentzündung durch Alkohol oder Gallensteine verursacht. Beim Krebs ist das Rauchen als auslösende Ursache bekannt. „Die Anzahl der Patienten mit Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse steigt“, berichtete Prof. Markus W. Büchler, Ärztlicher Direktor an der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg. So wird eine akute oder chronische Entzündung jedes Jahr erstmals bei ca. 50.000 Patienten in Deutschland festgestellt. Rund 10.000 Menschen erkranken jedes Jahr an einem bösartigen Tumor dieses Organs, der damit das acht-häufigste Krebsleiden ist. „Bei den Krebstodesursachen liegt er jedoch an vierter Stelle“, sagte Büchler, ein Beleg für die nach wie vor schlechte Prognose dieser Tumorart, der meist erst in einem späten Stadium entdeckt wird.

Die Wissenschaftler betonten, dass nur die enge internationale Zusammenarbeit über die Fachgrenzen von Innerer Medizin und Chirurgie hinweg Erfolg bei der Behandlung von Pankreaserkrankungen bringen wird, wie sie bereits auf europäischer Ebene begonnen worden ist. Auch das öffentliche Bewusstsein müsse sich verstärkt dieser Krankheitsgruppe widmen: Im Gegensatz zu anderen Erkrankungen haben die Bauchspeicheldrüsenkranken noch keine große Lobby außer einer sehr aktiven Selbsthilfegruppe, die für ihre Erforschung und bessere Behandlung kämpft.

Prof. Büchler baut derzeit an den Universitätsklinika Heidelberg/Mannheim ein Europäisches Pankreas-Zentrum auf. In diesem Zentrum arbeiten verschiedene ärztliche Fachrichtungen (Innere Medizin, Gastroentorologie, Chirurgie, Radiologie, Strahlentherapie) interdisziplinär an der Erforschung und Behandlung von Pankreaserkrankungen. Im Verbund mit anderen deutschen und europäischen Zentren soll es einen hohen Standard bei der Behandlung und Forschung gewährleisten.

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Dr. Annette Tuffs idw

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