Keine Scheu vor Herzmassagen und Beatmung in der Ersthilfe

Nach Leitlinien des Europäischen Resuscitation Council (ERC) von 2005 sollen Ersthelfer 30 Mal hintereinander auf die Mitte des Brustkorbs drücken und dann möglichst übergangslos zwei Mund-zu-Mund-Beatmungen folgen lassen.

Dieser Rhythmus sollte bis zum Eintreffen des Notarztes beibehalten werden. Vor 2005 galt ein 2-zu-15-Rhythmus als ideal. Das hat der ERC aus der Erkenntnis geändert, dass kürzere Pausen bei der Herzmassage effektiver sind. Das bestätigt Prof. Böttiger, der Vize-Präsident des ERC ist.

Vor kurzem hat der amerikanische Kardiologenverband erklärt, dass Herzmassagen ohne Beatmung denen mit Beatmung durch Ersthelfer gleichwertig seien. Das allerdings sieht man unter europäischen Experten anders.

„Dazu fehlen eindeutige wissenschaftliche Beweise“, so Böttiger. Bei den Studien, auf die sich die US-Kollegen stützten, handele es sich um unkontrollierte, beobachtende Erfahrungsstudien, bei denen die Teilnehmer im Nachhinein befragt wurden. Die Beweiskraft solcher Studien, so Böttiger, sei grundsätzlich gering.

In einem Punkt sind sich Amerikaner und Europäer aber einig: „Bei Erwachsenen, die einen Kreislaufstillstand erleiden, ist die Herzmassage die Hauptsache“, sagt Böttiger.

Deshalb heißt es auch in den europäischen Leitlinien schon seit Ende 2005: Wenn ein Laienhelfer unfähig oder unwillig ist, einen anderen Menschen zu beatmen, kann er darauf verzichten und sich ganz auf die Herzmassage konzentrieren. Allerdings gehen die US-Kollegen noch einen Schritt weiter, indem sie nun die Wiederbelebung mit und ohne Beatmung als gleichwertig betrachten.

„Viele Menschen scheuen sich davor, einen fremden Menschen zu beatmen“, sagt Böttiger. Seit 2005 empfiehlt der ERC denn auch, die Wiederbelebung mit der Herzmassage zu beginnen. Denn zu Beginn eines Kreislaufstillstands ist meist noch genug Sauerstoff in Lunge und Blut, und das Blut wird durch die Herzmassage wieder zum Fließen gebracht.

Nur wenn Sauerstoffmangel zum Kreislaufstillstand geführt hat, ist die Mund-zu-Mund-Beatmung unerlässlich. Das ist in der Regel bei Kindern der Fall, denn bei ihnen sind häufig Erstickungsanfälle der Grund für den Herzstillstand, bei Erwachsenen dagegen sind es meist ein Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen. Kinder ebenso wie Erwachsene, die beinahe ertrunken oder erstickt sind oder unter Drogen stehen und leblos erscheinen, müssen sofort beatmet werden.

Sind mehrere Helfer vor Ort, sollten sie sich abwechseln – denn Herzmassage ist „Schwerstarbeit“. Rund 100 Mal pro Minute wird der Brustkorb um vier bis fünf Zentimeter eingedrückt. „Gebrochene Rippen sind dabei eher normal und in dieser Situation auf Leben und Tod nebensächlich“, sagt Böttiger. „Es gibt nur einen Fehler, den man machen kann“, sagt er, „und das ist, nichts zu tun.“

Für Rückfragen:

Univ.-Prof. Dr. Bernd W. Böttiger
Telefon: 0221 478-4807
E-Mail: bernd.boettiger@uk-koeln.de
Sina Vogt
Leiterin Stabsstelle Kommunikation Uniklinik Köln
Telefon: 0221 478 5548
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